In Brasilien ist eine Box mit 4 Inszenierungen des Teatro Oficina aus São Paulo erschienen, Bacantes, die erotische Oficina-Fassung der Bakchen von Euripides, Cacilda!, eine biographische Studie über Leben und Werk der brasilianischen Schauspielerin Calcida Becker von Zé Celsos (das ist José Celso Martinez Correa), Hamlet von William Shakespeare und Boca de Ouro (Der Mann mit dem goldenen Gebiss) von Nelson Rodrigues. Die Box Festival Teatro Oficina umfasst 7 Discs, alle englisch untertitelt.
Lieferbar sind die Einzeltitel noch bei CD Point und bei Livraria Cultura. Beide versenden auch ins Ausland. Die Box selbst ist ausverkauft.
Das Teatro Oficina, wie es sich seit seiner Neugründung nach der Militärdiktatur nennt, ist eine der ältesten Theatertruppen Brasiliens, gegründet bereits 1958, geleitet von Zé Celsos (José Celso Martinez Correa).
„In Brasilien ist Zé Celso längst eine Legende. Bereits Ende der 1950er Jahre gründete er das Teatro Oficina, das er, nach Jahren im Exil während der Militärdiktatur, Anfang der 90er Jahre unter dem etwas sperrigen Namen Teatro Oficina Uzyna Uzona wiederbelebte. Nachdem er Anfang der 60er Jahre zunächst mit Augusto Boal zusammengearbeitet hatte, legte er 1967 mit der Uraufführung von O Rei da Vela (Der Kerzenkönig) des Modernisten Oswald de Andrade die Grundlage seiner Theaterästhetik. Die Inszenierung war gleichzeitig die Initialzündung für die Tropicália, jener berühmten polemischen Bewegung um die Musiker Caetano Veloso, Tom Zé und Gilberto Gil (dem heutigen Kulturminister des Landes), die stilbildend die Fusion verschiedener Elemente propagierte und mit künstlerisch herausragenden Ergebnissen die „Anthropophagie“ Oswald de Andrades unterstrich: Man ist offen für alle Einflüsse, vermischt sie mit den eigenen Traditionen und lässt aus diesem Sud etwas Neues, Unerhörtes entstehen. So etwas wie das Megatheater Krieg im Sertão. “ (Friedhelm Teicke)
Mit diesem 24 stündigen Epos trat das Theater 2004 auf den Ruhrfestspielen in Recklinghausen auf.
„Die Herausbildung seiner Nation als Integration vieler heterogener Elemente, wie sie Krieg im Sertão vorführt, will Celso durchaus als Parabel verstanden wissen in einer Welt, in der kulturelle Verschiedenheit zu Gewalt, Terror und Krieg führt. Kein Rückblick auf vergangene Geschichte ist dieses in allen Teilen fast 24-stündige Marathontheater also, sondern hochaktuell. Doch solch ein Totaltheater stellt Anforderungen an den Raum. Der gesamte Bühnen- und Zuschauerraum der Volksbühne wird entkernt, es entsteht – ähnlich wie seinerzeit bei Bert Neumanns/Frank Castorfs „Neustadt“-Projekt – ein überall bespielbarer Theaterraum. Der Zuschauer ist mittendrin statt nur dabei. Diese Bühne, eine Piste eigentlich, ist dem Originalraum des Teatro Oficina in São Paulo nachempfunden, einer Spielfläche wie im Sambódromo in Rio. Ein angemessener Ort für eine „Karnevalsoper“. „Andere Irritationen“ zu stiften, hat sich Castorf für die neue Spielzeit vorgenommen und das wird ihm mit der brasilianischen Eröffnung gleich gelingen. Bereits im letzten Jahr zeigte das Teatro Oficina das, damals noch dreiteilige, Epos in Deutschland: bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen. Da brachte es dieses Theater der Maßlosigkeit fertig, das kühle deutsche Publikum aus der Reserve zu locken. Es gab gar etliche Zuschauer, die das ungewohnte Theatererlebnis am eigenen Leib dazu verführte, den nackten Darstellern in die Hüllenlosigkeit zu folgen. „Bei uns in São Paulo haben wir fast ausschließlich ein junges Publikum“, sagt Celso, „ich freue mich, dass es hier in Deutschland weitaus gemischter ist.“ ( (Friedhelm Teicke)
Auch dieses Stück ist in Brasilien auf DVD erschienen, allerdings nur erhältlich beim Theater selbst.
Darüber hinaus sollte am 16. August dieses Jahres eine weitere DVD-Box mit 4 Stücken erscheinen, „Oficina 50 Anos“, die seit 2008, dem 50 jährigen Jubiläum der Truppe realisiert worden sind.