Moana with Sound – der Stummfilmklassiker als Tonfilm auf Blu-ray

5. Januar 2016

Einer der ersten langen Dokumentarfilme der Filmgeschichte, der Stummfilmklassiker „Moana“, ist bei Kino Lorber in den USA jetzt in der restaurierten Tonfilmfassung erschienen. Robert J. Flaherty (1884-1951) drehte den Film 1923/24  auf der polynesischen Insel Savaii im Archipel Samoa, um die kaum noch existente samoanische Kultur zu dokumentieren. Doch der Film war ein Mißerfolg, da er mit der üblichen klassischen Musik Europas aufgeführt wurde.

„Flaherty war überzeugt, dass das Publikum den Film besser verstünde, wenn er einen adäquaten Soundtrack mit polynesischer Musik hätte.

Rund 50 Jahre später setzte Flahertys Tochter Monica diese Idee um. Da sie als Kind selbst bei den Dreharbeiten dabei war und die Sprache beherrschte, führte sie in den 70er Jahren auf Samoa Tonaufnahmen mit den zum Teil noch lebenden Mitwirkenden von „Moana“ durch: Pe’a und der Hauptdarsteller Ta’avale (Moana) lebten noch in Safune, Fa’angase (Dorfmädchen) lebte inzwischen auf Hawaii. 1975 sammelte sie, unterstützt vom Dokumentarfilmpionier Richard Leacock, auf Samoa umfangreiches Tonmaterial und legte diese Aufnahmen authentischer Volkslieder, atmosphärischer O-Töne und rekonstruierter Dialoge an den Film an.“ (Arte TV)

Hier die Geschichte der Dreharbeiten und der Tonfassung

Die spannende Geschichte der Restaurierung des Films durch Bruce Posner und Sami van Ingen in Zusammenarbeit mit Thomas Bakels von Alpha Omega Digital in München

Beide Featurettes sind auch auf der Blu-ray und der DVD enthalten, neben einem gefilmten Kommentar der beiden Filmhistoriker Enrico Camporesi und Bruce Posner, Flaherty’s Kurzfilm Twenty-Four-Dollar Island von 1927 und einem Interviewausschnitt mit seiner Frau Frances Flaherty von 1960 „Flaherty and Film: Moana„.


Ala-Arriba!

17. August 2011

In Portugal ist die restaurierte Fassung eines vergessenen Klassikers auf DVD  erschienen: Ala-Arriba!  (Plot) von José Leitão de Barros.  Der Film stellt mit dem Motiv einer unglücklichen Liebe die harten Lebensbedingungen in einem Fischerdorf  dar (tatsächlich in Povoa do Varzim) . Der von Laiendarstellern getragene Film ist ein frühes Beispiel dafür, was man in Italien später als Neorealismus bezeichnet hat. Er steht in der Tradition der Dokufiktionen Flahertys, wie „Moana“ und „Man of Aran“ und kann als Vorläufer von Viscontis „La Terra trema“ gesehen werden. Er wurde 1942 auf dem Filmfestival in Venedig prämiert.

Finanziert wurde der Film von ständestaatlich und klerikal orientierten Salazar-Regime („Estado Novo“), dem Secretariado da Propaganda Nacional (SPN), dem Comissariado do Desemprego und dem Ministério das Obras Públicas (Sekretariat der Propaganda Nacional (SPN), Kommissar der Arbeitslosigkeit und dem Ministerium für öffentliche Arbeiten). Der Film ist zweifellos von seinen Auftraggebern geprägt und leidet etwas unter der pompösen Musik von Ruy Coelho. Das Werk wurde von der Zensur um 20 Minuten beschnitten, die als verloren gelten. Die DVD-Ausgabe beruht auf der restaurierten Fassung der Cinamateca Portuguesa – Museu do Cinema.


Ethnographic Video Online

2. April 2011

Alexander Street Press aus den USA hat einen Fundus von 650 ethnographischen Filmen zu einer Ressource gebündelt und bietet sie als Etnographic Video Online im Streaming -Verfahren an. Im Mittelpunkt des neuen Angebots steht dabei nicht der einzelne Film. Der Filmpool ist als Ganzes rechier- und nutzbar. Streaming ersetzt hier nicht einfach physische Medien wie DVD und Blu-ray mit einer bequemeren Lieferungsart, sondern wird mit seinen spezifischen Möglichkeiten, z.B. unbegrenzter Speicherkapazität, zur Verknüpfung von hunderten Filmen zu einer neuen Einheit genutzt. Im Endausbau sollen 1.000 Filme mit einer Lauflänge von 750 Stunden in dieser Ressource zusammengeführt werden.

„Die vorwiegend englischsprachigen Produktionen, entstanden zwischen 1922 und 2009, stammen aus der ganzen Welt und reichen von einfachen, wenigen Minuten andauernden Video-Feldstudien, über Interviews bis hin zu professionell gestalteten Dokumentarfilmen in Spielfilmlänge. Die Filme, die sich von deskriptiven Dokumentationen bis hin zu dramatisierten Erzählformaten spannen, beschreiben fremde Kulturen, ihre Lebensbedingungen, Normen, Werte sowie Kulturtechniken. Dabei werden verschiedenste Blickwinkel auf Themen wie zum Beispiel Sprache und Kultur, Glaube und Magie, Rituale, Nahrung und Nahrungssuche, Rollenverteilung, Kastenwesen und Sklaverei, Krieg und Konfliktbewältigung gewährt.

[Der Kernbestand stammt von dem renommierten Vertrieb „Documentary Educational Resources“ (DER) , der von John Marshall und Timothy Asch mitbegründet worden ist]. Die Filmauswahl umfasst zahlreiche Klassiker von renommierten Anthrophologen, professionellen Dokumentarfilmern und Fotografen des 20. Jahrhunderts wie Robert J. Flaherty (1884-1951), Timothy Asch (1932-1994), Robert Gardner (*1925), John Marshall (1932-2005), David MacDougall (*1939), Jean Rouch (1917-2004), Melissa Llelewyn-Davies, John Bishop, David Plath u.v.m. (Alexander Street Press)

Reichhaltige Metadaten erlauben eine vielfältige Nutzung des Filmbestands. Die Datenbank kann indexbasiert nach verschiedenen Kriterien wie Titel, Untertitel/Transkript, Ethnologe, Verlag, Sprache, Veröffentlichungsdatum, Aufnahmedatum, Region, ethnische Gruppe, Schlagwort u.a. durchsucht werden. Weitere Features bilden Perma-Links, Standbild- und Playlist-Funktion, Clip-Funktion, verschiedene Bildauflösungsstufen, Notitzfunktion sowie die synchrone Darstellung von Filmaufnahme und Transkript.

Die Bildqualität ist zwar eingeschränkt  – Normalformat: 400 Kilobit/Sek. (400×308 Pixel), Vollformat: 800 Kilobit/Sek. (640×480 Pixel) für Windows Media Player -,  Alexander Street Press ist es allerdings gelungen, mit dem Streaming-Angebot etwas völlig Neues zu schaffen, nämlich aus einem Pool relevanter Filme ein neues Film- /Textmedium zu kreieren, ein einheitliches Studien-Werkzeug, mit dem man fremde Kulturen erkunden und individuell ethnologischen Fragen quer durch den Bestand nachgehen kann – und das alles mit den sinnlichen Qualitäten des Films. Herausragend sind dabei die Transkripte, die synchron zum Film mitlaufen, sowie die intensive Sacherschließung und die Möglichkeit, sich selbst eine Sammlung von Clips zusammenzustellen.

Dies ist umso wertvoller, als der Filmbestand hochklassig ist. Enthalten ist zum Beispiel John Marshalls Langzeitdokumentation „A Kalahary Family“, die in das Memory of the World Register der UNESCO aufgenommen wurde, oder Wang Bings fast 10stündige Dokumentation „Tie Xi Qu – West of the Tracks“ (als DVD in den Niederlanden erhältlich).  Die meisten dieser Filme könnte man allerdings aus finanziellen oder lizenzrechtlichen Gründen gar nicht selbst erwerben.

In Deutschland wird Ethnographic Video Online von Digento lizenziert.


The Wonderful World of Albert Kahn

5. März 2011

1909 trat einer der reichsten Männer Europas, der Börsenspekulant und Philanthrop Albert Kahn an, nicht mehr und nicht weniger als ein Archiv des Planeten Erde zu schaffen. Die Brüder Lumière hatten gerade die erste brauchbare Farbphototechnik entwickelt und Albert Kahn griff dieses Autochrome-Verfahren auf, um die Lebensweise auf allen Kontinenten in Farbe zu dokumentieren. Herausgekommen ist dabei ein Zeitschnitt zu Anfang des letzten Jahrhunderts von 1908 bis 1930 aus 72.000 Farbphotographien, die tatsächlich die Vielfalt der menschlichen Kulturen dokumentieren, in vielen Ländern zum ersten Mal in Farbe,  u. a.  in Japan, China, der Mongolei, aber auch in Irland.

Die Photos sind heute im Musée Albert-Kahn in Boulogne-Billancourt bei Paris im ehemaligen Wohnhaus Albert Kahns archviert (virtueller Rundgang).  David Okuefuna hat für die BBC zusammen mit dem Musée Albert-Kahn nicht nur ein Buch über die Sammlung herausgebracht, sondern auch eine 8 1/2 stündige Fernsehserie produziert. „The Wonderful World of Albert Kahn“ beruht zu gr0ßen Teilen auf den 120 Stunden Filmmaterial, die von Albert Kahn’s Photographen neben der Photoarbeit gedreht wurden.  Dieses Material war ungeschnitten als reine Bilddokumentation archiviert worden und bewahrt vergangene Kulturen ebenso wie die Autochromes, die den Dargestellten  durch die lange Belichtungszeit eine Würde verleihen,  wie sie die Arbeiten von August Sander und Richard Avedon ausstrahlen, nur hier eben in Farbe.

Das Projekt und die Sammlung Albert Kahns gewinnen heute wieder eine erstaunliche Aktualität, da die politische und wirtschaftliche Globalisierung die Kontinente einander näher rücken läßt und das westliche Überlegenheitsdenken immer fragwürdiger wird.

Die Fernsehserie ist in Großbritannien auf DVD lieferbar (n.b.:  die Laufzeit beträgt 512 Min., nicht 462, wie bei amazon angegeben).


Sweetgrass auf DVD

5. August 2010

In den USA ist die Dokumentation „Sweetgrass“, ein Film über einen großen Schaftreck in Montana, auf DVD erschienen. 8 Jahre haben Ilisa Barbash und Lucien Castaing-Taylor gedreht, um die harte Arbeit einiger weniger „Cowboys“ mit ca. 3.000 Schafen in einer eindrucksvollen Landschaft zu zeigen.

Der Film wurde von Kritikern in den USA einhellig gefeiert. Er erinnert an „Grass“ (1924) von Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack über den Zug von 50.000 Bakhtiari mit einer halben Million Tieren.

„Shot by Mr. Castaing-Taylor, who, from all the tail-level visuals seems to have spent a lot of time crouching or on his knees, “Sweetgrass” is often astonishingly beautiful, even if the image quality of the video sometimes disappoints. Mr. Castaing-Taylor has an extraordinary eye: he takes you right into the center of the herd so it almost feels as if you’re jostling alongside the animals as they rush for food or surge up a ravine. As can be the case with some observational movies, the absence of narration proves very freeing: without a voice chattering in your ear, you can immerse yourself in the movie on your own terms as you watch and really listen to the people, the animals, the whole blooming, buzzing confusion.

The movie truly belongs to the sheep, which turn out to be fascinating, almost hypnotic subjects for the camera, whether they’re comically bleating at one another like rush-hour subway riders or swarming across the range like a single organism. (Manohla Dargis: Montana Cowboys Lead, Coax and Cajole Their Charges Amid a Chorus of Bleats. New York Times)


Schamanen im Blinden Land

2. August 2010

„Schamanen im Blinden Land“ (198o) , das Epos über den asiatischen Schamanismus, wie er sich bei den Nördlichen Magar in abgelegenen Bergregionen West-Nepals erhalten hat, ist beim Völkerkundemuseum der Universität Zürich auf DVD lieferbar.

Der Regisseur und längjährige Direktor des Museums Michael Oppitz hat ihn dort bei seiner Pensionierung 2008 in Begleitung zu einer großen Ausstellung über die schamanische Trommel herausgebracht:

„Er war sieben Jahre in Nepal gewesen, wo er das kleine Bergvolk der nördlichen Magar erforschte. Daraus ging unter anderem der vierstündige Film «Schamanen im Blinden Land» hervor, der zum Klassiker avancierte und in Kunstkreisen, etwa für Joseph Beuys, Kultstatus erreichte. Kaum ein anderer Dokumentarfilm dokumentiert so präzis hochkomplexe Rituale und ist zugleich so schön, sinnlich und spannend, ja mythisch [Kamera: u. a.  Jörg Jeshel].

… Lange reiste er herum, vor allem zu Fuss, auf der Suche nach einer vom Staat und von den «Hochreligionen» Buddhismus und Hinduismus möglichst unbehelligten Gesellschaft. Der Schamanismus, die traditionelle Religion, ist nicht verschriftlicht, besitzt kein Dogma. Er wird mündlich weitergegeben, verändert sich permanent und bleibt sich zugleich treu. «Die Schamanen», sagt Oppitz, «sind Performer, Künstler, die Grenzen überschreiten und aufheben, insbesondere jene zwischen Profan und Sakral. Sie sind ausgesprochene Individualisten – das Gegenstück zum Beamten.» (David Signer: Neurosen aus Nepal)

Ebenfalls erschienen ist eine Doppel-DVD mit nichtverwendetem Material: „Schamanen im Blinden Land“ neu ans Licht geholt: Ungenutztes Film- und Zusatzmaterial.


Langzeitdokumentation wird Weltkulturerbe

31. Juli 2009

Langzeitdokumentationen gehören zu den unübersehbaren Monumenten der filmischen Dokumentation menschlichen Daseins. Sie sind immer auch, das liegt in der Natur der Sache, das Lebenswerk einzelner Filmemacher. Wir kennen in Deutschland „Die Kinder von Golzow“ von Barbara und Winfried Junge, international die „Up-Series“ (europäische Ausgabe) von Michael Apted. In beiden Fällen werden westliche Lebensgemeinschaften dargestellt.

Jetzt hat die UNESCO die Langzeitdokumentation, die John Marshall über die Ju/’hoan Bushman in der Kalahari-Wüste von 1950 bis 2000 gedreht hat, zum Weltkulturerbe erklärt:

The John Marshall Ju/’hoan Bushman Film and Video Collection (PDF), held at the Smithsonian Institution’s Human Studies Film Archives, is one of the seminal visual anthropology projects of the 20th century providing a unique example of sustained audiovisual documentation of one cultural group, the Ju/’hoansi, of the Kalahari Desert in northeastern Namibia, over half a century. It is an unparalleled historical record not only of an indigenous people’s traditional way of life and ties to the land but of the transformation of their life in the rapidly changing political and economic landscape that developed in concert with the struggle for Namibian independence. “ (UNESCO-Erklärung, zitiert von Pam Wintle, Human Studies Film Archives, Smithsonian Institution in AMIA-L, 31.7.2009)

Neben anderen Archivalien umfasst die Sammlung 722 Stunden Film- und Videomaterial. Zahlreiche kürzere Filme daraus sind veröffentlicht worden. Eine längere, sechsstündige Dokumentation, die das ganze halbe Jahrhundert überspannt, ist auf DVD erschienen und bei Documentary Educational Ressources (DER) in den USA lieferbar. „A Kalahari Family“ beschreibt die Entwicklung einer Familie von Jägern und Sammlern in den Zeiten der Apartheid und des Befreiungskampfes Namibias zu neuen Lebensräumen auf eigenem Boden in einem unabhängigen Land (Interview mit John Marshall).


Il mondo perduto – Die Kurzfilme von Vittorio de Seta

20. Juli 2009

Die Kurzfilme von Vittorio de Seta (Interview), auf die wir hier schon 2007 hingewiesen hatten, sind im letzten Jahr in Italien auf DVD erschienen.

Zwischen 1954 und 1959 drehte de Seta zehn Kurzfilme in Sizilien, Kalabrien und Sardinien, in denen er die Welt der Fischer, Kleinbauern, Minenarbeiter und Hirten dokumentiert, und zwar direkt und authentisch, in neorealistischer Tradition ohne Kommentar, nur mit den Geräuschen der Arbeit und den Melodien der Volkslieder. Gesteigert wird dieser physische Ausdruck noch durch das für solche Sujets ungewöhnliche Cinemascope-Format und die pastellartige Farbigkeit der Bilder.

Die DVD „Il mondo perduto. I cortometraggi di Vittorio De Seta. 1954-1959“ ist auf dem letzten Festival Il Cinema Ritrovato in Bologna in der Sektion „Best Rediscovery of Forgotten Films“ ausgezeichnet worden:

„For making available to the public at large for the first time Vittorio De Seta’s ten documentaries shot in the 1950s, unquestionable masterpieces of cinematographic expertise, anthropological insight and investigation of values.“ (Il Cinema Ritrovato DVD Awards 2009)

Hier (PDF) die Begründungen des Preisgerichts für die anderen DVD-Editionen.


Two Laws

23. Juni 2008

„A distinguished rarely seen film! Considered a watershed in documentary film, scholars have written about it, but few have seen it.“ – doch nun erscheint dieser Klassiker des ethnologischen Film nach 27 Jahren bei Facets in den USA: „Two Laws“ von Carolyn Strachan und Alessandro Cavadini.

„The traumatic history of the Aboriginal people of Borroloola is told by the very people who were present to witness the massacres, institutionalization, and geographical displacement that they suffered in this unflinching ethnographic documentary from filmmakers Carolyn Strachan and Alessandro Cavadini. Residing in the remote Northern Territory of Australia, these peaceful Aboriginals have been perpetually torn between the centuries-old code of their own people and the barbarous conditions imposed upon them by European settlers. Divided into four parts including „Police Times,“ „Welfare Times,“ „Struggle for Our Land,“ and „Living with Two Laws,“ this film follows the people of Borroloola from their confrontations with white settlers and police in the 1930s to their pilgrimage back to their traditional land at the turn of the 21st Century.“ (Jason Buchanan, All Movie Guide)

Mehr Informationen und Literaturhinweise zum Film mit diesen Links. Eine Übersicht über weitere Spielfilme mit und über Aborigines findet sich unter „Aboriginal People in Australian Feature Films“

Nachtrag: Auch in dem jüngst bei Springer erschienenen Buch „Interpretation, Law and the Construction of Meaning. Collected Papers on Legal Interpretation in Theory, Adjudication and Political Practice“ wird der Film im Kapitel 10 „Landmarks for Aboriginal Law in Australia“ abgehandelt.


Ten Canoes

23. November 2007

“ Ten Canoes“ ( 10 Kanus, 150 Speere und 3 Frauen) von Rolf de Heer ist ein anthropologischer Spielfilm und gleichzeitig fulminates Kino:

„Während der Jagd einer Sippe australischer Ureinwohner nach Enteneiern wird offenbar, dass der Jüngste in der Gruppe die dritte Frau seines älteren Bruders begehrt. Der reagiert mit Gelassenheit und beginnt dem Jungen eine ähnlich gelagerte Geschichte aus der Vorzeit der Aborigines zu erzählen, die mit tragischen Verwechslungen, Rache und Tod endete. Ein ebenso poetisches wie bildgewaltiges Drama, das ganz aus dem Blickwinkel der australischen Ureinwohner erzählt wird, was auch die Tatsache erklärt, dass Dinge des täglichen (Über-)Lebens gleichberechtigt neben der archaischen Liebesmetapher stehen. Der zeitlose Film von der Wucht eines shakespeareschen Dramas entstand unter Mitwirkung von Aborigines und schafft es mit viel Humor, deren Denk- und Wertesystem näher zu bringen. – Sehenswert ab 14.“ (Lexikon des internationalen Films) (Kritik)

Die DVD ist in Großbritannien und den USA lieferbar. Beide Ausgaben enthalten auch die 50minütige Dokumentation “The Balanda and the Bark Canoes” über die Dreharbeiten mit den Aborigines, allerdings ist die Bildqualität der US-Disc offenbar nicht optimal. In Australien ist eine Special Edition mit 2 Discs (Reginalcode 0) ohne die genannte Dokumentation mit anderem Zusatzmaterial erschienen (Rezension).

Alle DVD-Ausgaben haben ein anderes Bildseitenverhältnis (1,78:1) als die Kinokopie (2,35:1), vermutlich also einen Open Matte-Transfer vom Super 35-Negativ (siehe unter „The DVD“ hier und unter „Video“ hier). Der Film liegt in zwei Tonfassungen vor: Die Kinoversion hat einen englischen Kommentar von David Gulpilil zum Film in Originalfassung mit englischen Untertiteln. Die DVD-Ausgaben bieten dazu noch eine authentische Fassung in der Sprache der Aborigines ohne Kommentar mit englischen Untertiteln. Nur die australische Ausgabe hat für beide Versionen einen Dolby Digital 5.1-Ton.

Nachtrag vom 28.11.2007: Paolo Cherchi Usai, der neue Leiter des National Screen and Sound Archive in Australien, hat beim Regisseur selbst nachgefragt. Hier die Antwort von Rolf de Heer aus der Liste AMIA-L, die die Gründe für die verschiedenen Formate aufklärt:

„The cinema version of ‚Ten Canoes‘ is indeed 2.35:1, but when we came to making the video masters, we had a good think and a good experiment and decided that DVD is a different medium than cinema, and therefore ought to be treated independently…we were not trying to replicate the cinema experience at home (which one can’t), so let’s work out how to give the best DVD experience, let’s deal with DVD as a delivery medium in its own right. Ultimately that meant going full frame rather than letterboxing, allowing the viewer to become more deeply connected with the image on screen.“

„We did shoot on Super-35, giving us access to more image, but it was not simply an open-matte transfer. Each shot was re-considered and individually positioned and cropped from the available increased image to give the best possible composition at the new ratio. It cost a fair bit more to do, but has its own artistic integrity as a consequence“. (Rolf de Heer, zitiert in AMIA-L)