Das nahezu 10- stündige Dokumentarepos über den Niedergang einer Schwerindustrieregion in China ist jetzt in der Reihe der Tiger Releases für November 2009 angekündigt. Tie Xi Qu: West of the Tracks (Tiexi- Distrikt – 1. Teil) stellt das Schicksal dreier Fabriken und die mit ihnen verbundenen Arbeiterschicksale vor. Bing Wang dokumentiert eindringlich, mit welcher Gewalt gegen die betroffenen Menschen der wirtschaftliche Umwandlungsprozess in China einhergeht:
„Ein Jahrhundert-Unternehmen, vielleicht der bisher beste Dokumentarfilm über Arbeiten und Leben im Industriezeitalter, ist Wang Bings Film „Tiexi District“. Fünf Stunden lang filmt der Autor den Alltag in der chinesischen Schwerindustriestadt Tiexi. Er folgt den Arbeitern in die Höllenschlünde der rostigen, permanent von Unfällen lahm gelegten Hochöfen. Er begleitet die Arbeiter frühmorgens in den Schichtdienst, bis in die Waschräume und nach Hause zu ihren Familien. Er zeigt den Niedergang der Stahlregion, die Schließung und den Verfall der Fabriken. Einmal, beim Frühstück, erfährt man nebenbei, dass allein in Tiexi zehntausend Menschen ihre Arbeit verloren haben. […]Vielleicht ist der chinesische Film zurzeit so ungemein lebendig, weil er permanent von verschwindenden Lebensweisen, aber auch von neuen Versprechungen und Identitäten erzählt. Womöglich filmt und dokumentiert man anders, einfach existenzieller, wenn ein Land von den Zeitläuften überrollt wird und Kinomachen buchstäblich ein Akt des Festhaltens ist. […] (Katja Nicodemus, „Suchende vor dem Objektiv„, in: Die Zeit Nr. 25 vom 16. Juni 2005)
In Deutschland ist der Film allerdings noch nicht vollständig gelaufen. Über den letzten, erschütterndsten Teil schreibt die New York Times:
„Narrowing his focus from a stricken community to one small family, Mr. Wang uses his third and most heartbreaking segment, “Rails,” to tell the story of Du Xiyun and his teenage son Du Yang. Unemployed scavengers whose survival depends on the old freight railway that transports raw materials to the factories, One-Eyed Du, as he’s affectionately called by the railway workers, steals scraps of coal and anything else he can sell. “I have connections,” he asserts pitifully, explaining how until now he has avoided jail — a streak of luck that will finally run out and precipitate the film’s most devastatingly raw sequence. “There aren’t many people who’d be willing to live the way we do,” he says matter of factly, and it’s hard to disagree.
Capturing moments both large and small — a blast-furnace “mishap,” a plaintive song on the radio asking “Baby, aren’t you tired of this yet?” — this profoundly empathetic and humanist work bears witness to a vanished way of life and the real cost of progress. “Get this place on film now, because it won’t be around much longer,” advises one of Mr. Wang’s stoic factory workers. Luckily for us, he did.“ (JEANNETTE CATSOULIS: Casualties of China’s Transformed Economy. In: New York Times, April 18, 2007)
De Filmfreak Distributie in den Niederlanden hat in der Presseerklärung vom 5.11.2009 englische Untertitel für diese Edition angekündigt. Auf der Website ist allerdings keine Rede mehr davon. Das würde dieses bedeutende Werk leider genauso unzugänglich machen wie die französische Ausgabe von MK2.
Nachtrag vom 9.11.2009: Gute Nachrichten von der DVDBeaver-Liste DVDBeaver@yahoogroups.com! Wie Ruth Timmermans von De Filmfreak Distributie bestätigt hat, wird der vollständige Film auf 4 DVDs mit englischen Untertiteln am 23. November in den Niederlanden erscheinen, bestellbar bei den üblichen Mailorder-Shops, z. B. bei bol.com.