Im Insektengarten von Jean-Henri Fabre

4. August 2010

1879 kauft der Entomologe, Freidenker und Pädagoge Jean-Henri Fabre (1823-1915)  ein Stück Land in der Provence, sein Harmas, wie er es nannte, um fast 40 Jahre lang Insekten zu studieren. 4.000 Seiten sind daraus entstanden, die jetzt auf Deutsch im Verlag Matthes &  Seitz erscheinen:

„Es verbindet die sorgfältige und genaue Beschreibung von Insektenbeobachtungen mit persönlichen Erinnerungen, mit Schilderungen der Menschen und der Natur seiner südfranzösischen Heimat und mit Gedichten in französischer und occitanischer Sprache. Besonders in Japan wird Fabre geehrt als ein Mann, der in vorbildlicher Weise naturwissenschaftliche und literarische Bildung verbunden hat. In Deutschland waren Fabre und seine Souvenirs Entomologiques weitgehend unbekannt geblieben.“ (Wikipedia)

Bernhard Koch hat einen Dokumentarfilm über diesen Insektengarten und die vier Männer gedreht, die am Garten und an der Edition des 10-bändigen Werks  arbeiten:

„Der Film L‘ HARMAS – DAS BRACHLAND entführt in Fabres wunderbaren Insektengarten, beschreibt, wie ungewöhnlich ein Stück Weltliteratur ins Deutsche übertragen wird und beobachtet, wie faszinierend es sein kann Insekten zu beobachten und zu zeichnen. Der Film begleitet die erste, vollständig ins Deutsche übersetzte Ausgabe der „Erinnerungen eines Insektenforschers“, die ab 2010 im Verlag Matthes und Seitz Berlin in 10 Bänden erscheint – in der Übersetzung von Friedrich Koch und mit Federzeichnungen von Christian Thanhäuser.“ (Matthes & Seitz)


filmedition suhrkamp

28. Mai 2008

Absolut Medien, das deutsche Premium-DVD-Label, hat in seinem Händlerkatalog 2.2008 die schon länger erwartetete Reihe Filmedition Suhrkamp für Oktober 2008 angekündigt, also passend zur Buchmesse. Der Suhrkamp Verlag selbst schreibt in seiner Programmvorschau 2.2008:

„Spätestens im Zeitalter der digitalen Medien werden wir dem vielseitigen Schaffen unserer Autoren nicht länger gerecht, wenn wir allein auf das Medium Buch setzen. Mit der filmedition suhrkamp (fes) haben deshalb nun auch die kinematographischen Arbeiten unserer Autoren (und über unsere Autoren) einen Ort im Verlag. Die Reihe bietet Filme von, mit und über Samuel Beckett, Thomas Bernhard, Pierre Bourdieu, Thomas Brasch, Bertolt Brecht, Jacques Derrida, Marguerite Duras, Max Frisch, Peter Handke, Ödön von Horváth, Uwe Johnson, Alexander Kluge, Robert Walser, Peter Weiss und vielen anderen. Neben Verfilmungen und klassischen Inszenierungen erscheinen auch Interviews und Portraits mit Philosophen und Wissenschaftlern.
Den DVDs der filmedition suhrkamp liegen umfangreiche Booklets mit unbekannten Dokumenten und Fotos bei. Essays bieten Hintergrundinformationen zur Entstehung der Filme, führen in Leben und Werk der Autoren ein und vertiefen die Thematik. Sie können auch als eigene Bücher gelesen werden und schließen damit den Kreis zur edition suhrkamp.
Kooperationspartner der filmedition suhrkamp ist der Berliner Filmverlag absolut Medien, der mit seinen Klassikereditionen, Literaturverfilmungen und Portraits von Künstlern und Denkern neue Akzente setzt.“ (Suhrkamp Verlag)

Was dort geboten wird, hat es wirklich in sich: Den Reigen dieser Reihe eröffnet Samuel Beckett mit seinen Fernsehspielen für den Süddeutschen Rundfunk. Es folgen Alexander Kluge: Eisensteins „Kapital“ ; Thomas Bernhard/Krista Fleischmann: Interviews ; Kuhle Wampe oder Wem gehört die Welt? (bisher nur in der Schweiz von Stella Video und vom British Film Institute als VHS-Kassette erschienen); Pierre Bourdieu: Soziologie ist ein Kampfsport ; Jugend ohne Gott (eine Horvath-Verfilmung von Michael Knof, eine der letzten DEFA-Produktionen).

Pro Halbjahr sollen vier neue DVDs erscheinen, zwei davon im April 2009 allerdings nicht ganz taufrisch: Matthias von Gunten: Max Frisch. Citoyen ; Margarethe von Trotta: Jahrestage (bereits erschienen bei Absolut Medien) ; Kirby Dick/Amy Ziering Kofmann: Derrida (bereits erschienen bei Absolut Medien) ; Vojtech Jasny: Der Kulterer (mit Helmut Qualtinger nach Thomas Bernhards „Filmgeschichte“).


Wer keinen Pass hat, ist ein Hund

29. März 2008

In der Schweiz ist Bruno Molls Film über Bertolt Brecht in der Schweiz auf DVD erschienen. „Wer keinen Pass hat, ist ein Hund“ entblättert das besondere Verhältnis des Schriftstellers zu diesem Land. Es ist vor allem ein Film über das Exil. Deshalb steht am Anfang auch der spezielle Bücherfreund Dr. Joseph Goebbels: „Der kommende deutsche Mensch wird nicht nur ein Mensch des Buches, sondern auch ein Mensch des Charakters sein. Und dazu wollen wir euch erziehen. Und deshalb tut ihr gut daran um diese mitternächtliche Stunde, den Ungeist der Vergangenheit den Flammen anzuvertrauen.“ – darunter auch die Werke Brechts.

„Warum die Schweiz? Für Regisseur und Zeitzeuge Ettore Cella war Brechts Entscheid verständlich. Er war ein deutscher Dichter, er wollte, dass seine Sprache verstanden wird. Überdies war die Schweiz nach dem Krieg der einzige Ort, in dem Theaterhäuser in deutscher Sprache nicht geschlossen beziehungsweise zerbombt waren. Brechts Entscheid hing vielleicht auch mit Erinnerungen ans Tessin zusammen, die erste Station seines Exils, 1933, oder mit seinen Erinnerungen an Uraufführungen einiger seiner bedeutendsten Stücke während des Krieges. Max Frisch hierzu: «Ich erinnere mich, wie ich Brecht im November 1947 wenig Tage nach seinem Eintreffen in Europa zum ersten Mal gesehen habe, in der kleinen bücherreichen Wohnung von Kurt Hirschfeld, Dramaturg des Zürcher Schauspielhauses, das drei Brechtstücke uraufgeführt hat: 1940 ‹Mutter Courage›, 1942 ‹Der gute Mensch von Sezuan›, 1943 ‹Galileo Galilei›. Brecht sass da, wie man ihn von wenigen Fotos kannte, auf der Bank ganz in der Ecke. Grau, still, schmal, wach, etwas verkrochen. Ein Mann in der Fremde, die aber wieder seine Sprache spricht.“ („Brecht war ein Sans-Papiers!“. In: Vorwärts, 11.8.2006, S. 7)

Ein Film, in dem nicht die historischen Fakten im Vordergrund stehen, sondern die Stimmungslage, in denen sich Brecht in diesen Zeiten des Exils befand – mit Benno Besson, Alois Bommer, Ettore Cella, Andreas Kriegenburg, Regine Lutz, Bruno Margadant, Valeria Steinmann, Halard Thor und Werner Wüthrich.

Die DVD-R kann bei artfilm.ch, dieser erstklassigen Website zum Schweizer Film, direkt bestellt werden. Zu Brecht in der Schweiz siehe auch „Bertolt Brechts vergessenes Zürcher Arbeitsdepot entdeckt“ (FAZ.net, 2. Oktober 2003)


Aimé Césaire

16. Februar 2008

Die Médiathèque des Trois Mondes hat die große Dokumentation von Euzhan Palcy über den Schriftsteller Aimé Césaire harausgebracht. Unter dem neuen Titel „AIMÉ CÉSAIRE , une parole pour le 21ème siècle“ (früher: Aimé Césaire, une voix pour l’histoire) wird ein umfassender Einblick in Leben und Werk dieses bedeutenden Schriftstellers aus Martinique geboten:

„This monumental three-part study introduces American audiences to the celebrated Martinican author who coined the term negritude and launched the literary movement called the „Great Black Cry.“ Euzhan Palcy, internationally acclaimed director of Sugarcane Alley and A Dry White Season, weaves Césaire’s life and poetry into a vast tapestry featuring many of the most important artistic and intellectual figures of the past six decades. André Breton, the high priest of surrealism, describes Césaire as „a Black man who embodies not simply the Black race but all mankind, who will remain for me the prototype of human dignity.“ (California Newsreel)

Der französischsprachige Film war bisher schon bei California Newsreel mit englischen Untertiteln erhältlich. Die Pariser Ausgabe auf DVD bietet jetzt auch deutsche Untertitel.


Filme von Marguerite Duras

30. November 2007

Immer sehr gesucht sind die Filme von Marguerite Duras. In Frankreich sind jetzt einige davon auf DVD erschienen – auf „Nathalie Grangier“ bei Blaq Out hatten wir hier schon hingeweisen. Nun beginnt auch der Vertrieb ihrer Werke, Benoît Jacob Vidéo mit der Herausgabe der bisher nur auf SECAM-Videokassette erhältlichen Filme auf DVD. Die gute Nachricht dabei: Sie haben, entgegen allgemeiner Ankündigung, offenbar englische Untertitel, so dass die Filme nun auch einem breiteren Publikum zugänglich sind (bei „India Song“ ist das sicher, bei den anderen DVDs voraussichtlich ebenso).

Erschienen sind „India Song“ (Inhalt), „Les Enfants“ (Inhalt) und eine Sammlung mit den 4 Kurzfilmen „Cesarée“, „Les Mains négatives“, „Aurélia Steiner Melbourne“ und „Aurélia Steiner Vancouver“. Die DVD „India Song“ enthält zusätzlich „La Couleur des Mots“, ein Film nach Gesprächen zwischen Marguerite Duras und dem französischen Schriftsteller und Essayisten Dominique Noguez (ebenfalls mit englischen Untertiteln). Weitere DVD-Editionen von Benoît Jacob Vidéo werden folgen.

“ Die Filme der Duras sind „un autre cinéma“. Sie reduziert und demontiert die Filmsprache auf wenige, essentielle Momente, auf die einfachsten Elemente. Ihre Filme glichen oft Meditationen oder Beschwörungen, in denen die Bilder wie aufgeladen durch die Kraft des Wortes erscheinen… Zugleich waren diese Filme aber auch radikale Herausforderungen des bestehenden Kinos mit seinem Zwang zum Geschichtenerzählen, sie waren entschiedene Gegenentwürfe von Kino – im Formalen wie im Inhaltlichen und Politischen… Duras‘ filmisches Schaffen ist als ästhetische Suche zu verstehen, die sich mit den Grenzen von Wort und Bild auseinandersetzt.“ (Werkschau Kommunales Kino Freiburg)

Über die Bildsprache von Marguerite Duras siehe NZZ.


Forough Farrokhzad

2. August 2007

Während im Iran wieder Journalisten von der Todesstrafe durch das Mullah-Regime bedroht sind, ist es vielleicht Zeit, an die große kulturelle Tradition dieses Landes zu erinnern. Der fast vierstündige Film von Nasser Saffarian „The Mirror of the Soul: The Forough Farrokhzad Trilogy“ über die iranische Schriftstellerin und Filmemacherin Forough Farrokhzad (1935-1967) ist auf DVD erschienen. In den drei Teilen „The Green Cold“ über ihr Leben, „The Mirror of the Soul“ über ihre Literatur und „Summit of the Wave“ über ihre Filmarbeit, vorwiegend über den Film „The House is Black“, wird ihre beeindruckende Persönlichkeit vorgestellt.

Leider wird dieser Film seinem Sujet offenbar nicht gerecht und die DVD von Facets ist außerordentlich schlecht gemacht mit völlig unzureichenden englischen Untertiteln (Kritiken siehe 1 ; 2 ). Wer Forough Farrokhzad als Filmemacherin authentisch kennenleren will, dem sei ihr Dokumentarfilm von 1962 „Khaneh siah ast“ (The House is Black) über eine Leprakolonie in Aserbeidschan empfohlen. Dieser Film war ein Wegbereiter des poetischen und essayistischen Dokumentarfilms und gehört zu den bedeutendsten Werken der Filmgeschichte. Mit diesem Film begann die Neue Welle im iranischen Kino. Chris Marker hat Forough Farrokhzad dafür bewundert und verehrt (Kritiken 1 ; 2 ; Essay; Fotos aus dem Film; lieferbare DVD).

Eine andere Dokumenation, „Forough Farrokhzad Young Revolutionary Poetess of Tehran“ (2003) von Maryam Habibian war leider nicht nachweisbar.

Nachtrag vom 4.8.2007: Facets hat heute die Ausgabe einer Doppel-DVD mit dem Film „Khaneh siah ast“ (The House is Black) und der Dokumentation „The Mirror of the Soul: The Forough Farrokhzad Trilogy“ angekündigt. Erscheinungstermin ist der 23.10.2007.


Sichtachsen – Walter Kempowski

11. Juli 2007

In der Hachmannedition (Bremen) ist für Juli 2007 eine eigenwillige Dokumentation über Walter Kempowski auf DVD angekündigt: „Sichtachsen – Notizen aus Kreienhoop“ (alternativ: „Walter Kempowski führt durch Kreienhoop“, Deutschland, 2006, 2 DVD-Video) von Marikke Heinz-Hoek:

„Die bildende Künstlerin Marikke Heinz-Hoek hat mit ihrem Film SICHTACHSEN einen ganz besonderen und tiefen Einblick in das Leben und Wirken des Schriftstellers Walter Kempowski geschaffen. Die Arbeit, die Kempowski in seinem Haus in Kreienhoop zeigt, wurde mit der Handkamera gedreht und kommt nahezu ohne Schnitte aus. Indem Heinz-Hoek auf jegliches Kommentar verzichtet, entspricht ihre Vorgehensweise den Intentionen Kempowskis: Nur kein Pathos, immer hinter den Dingen zurücktreten und diese selbst sprechen lassen.“ (Hachmannedition)


Anna Akhmatova File

29. Mai 2007

Facets kündigt für Juli die DVD-Ausgabe von Semyon Aranovichs Film „The Anna Akhmatova File“ (Lichnoe delo Anny Akhmatovoy, 1989) an.

„… her poem „Requiem“ became the underground anthem for the millions who suffered under Stalin. This unique film, which uses Akhmatova’s diaries for text, also includes portraits of Akhmatova’s friends and contemporaries–Boris Pasternak, Vladimir Mayakovsky, and Mikhail Sostchenko.“ (Facets)

Aranovich hat zahlreiche Filme über den Stalinismus gemacht, wie I Was Stalin’s Bodyguard (Ya sluzhil v okhrane Stalina, ili Opyt dokumentalnoy mifologii), I worked for Stalin (Ya sluzhil V apparate Stalina, ili Pesen oligarkhov) und People’s Gala Concert (Bolshoi kontsert narodov, ili Dykhanie chein-stoks). Alle drei Titel sind noch als Videokassette bei Facets lieferbar (VHS/NTSC, russisch mit engl. Untertiteln).

Seinen letzten Film konnte Aranovich vor seinem Tod nicht mehr beenden. „Sonata for viola“ (Altovaya sonata. Dmitriy Shostakovich) über Dimitrij Schostakowitsch wurde von Aleksandr Sokurov fertiggestellt und ist bei Idéale Audience auf DVD erschienen (siehe dort auch die Werkreihe zu Sokurov).

Nachtrag vom 9.6.2007:  Die bisher auf Video lieferbaren Titel von aranovich erscheinen jetzt auch auf DVD: I Was Stalin’s Bodyguard ist für August angekündigt.

 

 

 


Mitsuharu Inoue

28. April 2007

Facets in Chicago kündigt für Juni den Dokumentarfilm „A Dedicated Life“ (Zenshin shosetsuka, 1994) von Kazuo Hara über den japanischen Schriftsteller Mitsuharu Inoue an. Mit diesem Film treffen zwei ungewöhnliche Persönlichkeiten aufeinander: Der Filmemacher Kazuo Hara, bekannt für seine kontroversen Sujets (“I make bitter films. I hate mainstream society”), und Mitsuharu Inoue, der kommunistische Schriftsteller, den Hara zehn Jahre dabei begleitet, wie er im Kampf gegen den Leberkrebs sein Leben lebt.

„A Dedicated Life“ is both a tribute to the work of the controversial Japanese writer Mitsuharu Inoue and a study of his death from cancer. Despite its length, Kazuo Hara’s intimate study of a likable and courageous man is riveting viewing, and, in the end, extremely moving… Hara’s unflinching study of a dying man brings fresh insight into the human condition. It’s a demanding, but most impressive, film portrait.“ (David Stratton, Variety 1995)

Drei weitere Filme von Kazuo Hara sind ebenfalls in diesem Jahr bei Facets erschienen.


Fabeln von La Fontaine

19. April 2007

Neues von Renaud Delourme Teil 2: Die Editions Montparnasse haben einen Film über Robert Wilsons Theaterversion der Fabeln von La Fontaine herausgebracht, die am 30. Januar 2004 an der Comédie Francaise in Paris Premiere hatte. In Fables de La Fontaine zeigt der Regisseur Robert Kent die perfekte Symbiose der ironischen Theaterkunst Robert Wilsons mit den hintersinnigen Geschichten La Fontaines über menschlische Schwächen. Wilson lässt 19 Fabeln aus den Elementen des Theaters – Tanz, Licht, Ton, Maske und Spiel – in moderner Form neu erstehen. Diese Fabeln La Fontaines sind auch als Buch mit Illustrationen von Robert Wilson und Photos von Martine Franck erschienen.