Netflix und Netflix – DVD by Mail und Streaming

28. Juli 2015

Netflix gibt es bekanntlich zweimal, einmal als den traditionellen Disc-by-mail-Versender in den USA mit einer Basis von immerhin noch 93.000 Titeln für 5.3 Mio. Abonnenten und als weltweit tätigen Streamingdienst von Filmen und Fernsehserien (sog. Subscription Video on Demand – S-VoD), der in den USA 42,3 Mio. Abonnenten hat (Stand Juli 2015).

Der Komfort des Streamings per Flatrate muss allerdings mit einem wesentlich schmaleren Filmangebot erkauft werden, das zudem bei weitem nicht so aktuell ist wie das DVD-Angebot. Da helfen auch einige wenige Eigenproduktionen wie „House of Cards“ nicht. Denn S-VoD steht vor dem Free-TV fast am Ende der Auswertungskette von Filmen, während Discs den Anfang bei der Filmauswertung für den Home-Video-Markt machen. Schließlich verdienen damit die Rechteinhaber wesentlich mehr als mit der Lizenzierung an Streamingdienste.

Und da liegt auch die Ursache für das schmale Filmangebot von S-VoD. Für Disc-by-Mail-Dienste gilt in den USA die sog. First-sale doctrine – sie können also im Markt frei auswählen, während Filme für das Streaming vom Rechteinhaber lizenziert werden müssen.

Über 50% des Gewinns von Netflix kommt heute noch aus dem Disc-by-mail-Geschäft. Wie es dort hinter den Kulissen zugeht, hat die New York Times recherchiert: Netflix Refines Its DVD-Busines, Even As Streaming Unit Booms:

„What’s interesting is that although the business is in a slow decline, there is still a huge demand there,” Mr. Breeggemann said of the DVD side, noting that Netflix had about 93,000 titles on DVD and next-day delivery service for 92 percent of its subscribers. Recently released films tend to be available only on DVD and not on the streaming service because of rights issues.“

Allerdings betreibt Netflix für sein DVD-Geschäft keine Bestandspflege mehr. Hier wird wohl auf Verschleiß gefahren, wie dieser Artikel auf KQED Arts nahelegt: For Cinephiles, Netflix is Less and Less an Option.

Aufbau und Erhaltung großer, öffentlich zugänglicher Filmbestände auf DVD und  Blu-ray wird also immer mehr zu einer gemeinnützigen Aufgabe, wie das große Bibliotheken mit Büchern schon immer gemacht haben.

Übrigens: Mr. Breeggemann hält als Spezialist für den Postversand nicht jede Neuerung für sinnvoll. Hypes sind eben manchmal nur Hypes, auch wenn sie von Jeff Bezos kommen:

Nachtrag: Nicht mehr ganz aktuell aber trotzdem interessant: The Guardian schrieb vor einem Jahr zum selben Thema. Erhellend sind vor allem die Kommentare, die den Widerspruch zwischen PR und Wirklichkeit aufreißen.