Les Videos in Zürich – Die Videothek als Filmarchiv

20. Dezember 2015

Die Zukunft der Videothek ist das Filmarchiv. Eine fachkundig ausgewählte Sammlung, die Filme für längere Zeit bewahren kann und nicht an der Aktualität von streaming-Portalen klebt,  noch dazu mit den exklusiven cineastischen Vorzügen der DVD und Blu-ray mit ihren Kommentaren, Interviews und Dokumentationen, das könnte die Zukunft der Videothek sein – und zwar möglichst als gemeinnütziger Verein, um von den Privilegien dieser Rechtsform zu profitieren. Dann könnte diese bedrohte Form der Filmkultur vielleicht bewahrt werden, denn sie ist eigentlich unverzichtbar.

Die Videothek als Archiv – der Verein Les Videos in Zürich mit seinem Fundus von 30.000 Filmen ist ein Beispiel dafür, ebenso wie in Deutschland das Videodrom in Berlin (über 30.000 Filme, ein Bericht hier) oder das Video City in Frankfurt am Main (65.000 Filme, gute Nachricht nebenbei: die größte deutsche Videothek muss zum Jahresende nicht schließen. Sie zieht im Februar 2016 um).

Auf öffentliche Einrichtungen wie Bibliotheken und Kinematheken kann man hier meist nicht zählen, obwohl sie wegen ihrer Gemeinnützigkeit und der Bibliothekstantieme von den rechtlichen Beschränkungen kommerzieller Videotheken befreit sind. So ist nur in dieser Rechtsform der Kauf innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der folgende Verleih möglich, ohne an das kommerzielle Vermietrecht gebunden zu sein. Und im EWR findet sich auch fast immer ein legaler Anbieter für Filme aus den verschiedenen Ländern der Welt. Eine solche Weltkinematographie wird es bei regionalen streaming-Anbietern nie geben.

Die Leute von Les Videos stellen ihre Videothek vor. Vielen Dank für den Hinweis an das digithek blog in der Schweiz.


Kommunale Kinos und Digitalisierung

16. Januar 2010

In der Zeitschrift Recherche Film und Fernsehen ist in der Ausgabe 5/ 2009 zum Thema „Filmarchive und Digitalisierung“ ein sehr lesenswerter Artikel von Stefan Drößler erschienen, der auch die renommierte DVD-Reihe Edition Filmmuseum betreut. Unter dem Titel „Kommunale Kinos und Digitalisierung – Gedanken über die Zukunft kultureller Filmabeit“ gibt er einen kurzen Überblick über die Geschichte der Kommunalen Kinos in Deutschland seit 1963 und geht dann detailliert auf die Filmressourcen und die technischen Voraussetzungen für eine kulturelle Filmarbeit ein. Im Zeitalter der Digitalisierung erweist sich für ihn die Nutzung von DVD und Blu ray mit der ganzen Fülle des weltweiten Home Video-Markts für eine solche Arbeit als unabdingbar:

„Viel wichtiger als die verschlüsselte DCI-Technik selbst wird für die Spielstätten vermutlich etwas anderes sein: Der zweite Eingang zum Hochleistungsprojektor, über den mittels eines Scalers die diversen minderwertigen digitalen Formate interpoliert werden. Eine Blu ray oder Digibeta, machmal sogar schon eine gute DVD können auf der Leinwand Ergebnisse liefern, welche die einer 16 mm-Kopie oder einer mäßigen 35mm-Kopie leicht übertreffen. [siehe dazu auch „Scheibe statt Rolle“ von Ja-Keno Janssen. c’t 25/2009]

… Und tatsächlich tun sich heute ungeahnte Chancen auf: Jedes Kino kann sich heute eine eigene Filmsammlung mit digitalen Kopien anlegen [zur Vorführung selbstverständlich mit entsprechender Rechteklärung für nichtkommerzielle Zwecke]… Wir können heute problemlos Vorträge mit Filmausschnitten zusammenstellen und einzelne Sequenzen analysieren… die Möglichkeiten, die heute zur Verfügung stehen, sind so vielfältig, wie es sich die Pioniere der kommunalen Kino-Bewegung nicht haben träumen lassen. „

Wie sehr Stefan Drößler mit seinen Gedanken auf den Punkt trifft, zeigen heute schon vollentwickelte Modelle einer neuen Form von kultureller Filmarbeit wie das jüngst eröffnete Forum des Images in Paris. Die rechtlichen Möglichkeiten im Rahmen gemeinnütziger Einrichtungen sind nämlich viel weiter gesteckt, als mancher glaubt:

„Viel unvoreingenommener als Kommunale Kinos sind in den letzten Jahren andere Einrichtungen mit den Vorteilen der digitalen Techniken umgegangen. Stadtbüchereien haben DVD-Sammlungen angelegt [wie z . B. die ZLB in Berlin] …“ (Stefan Drößler: „Kommunale Kinos und Digitalisierung – Gedanken über die Zukunft kultureller Filmabeit“)

So könnten Kommunale Kinos ohne weiteres selbst DVD-und Blu ray-Sammlungen aufbauen und diese an Privatpersonen ausleihen. Auch Sichtungsmöglichkeiten in voll ausgestatteten Einpersonenkinos sind rechtlich erlaubt, da es sich nicht um eine öffentliche Vorführung handelt.  Eine Vorführung dieser Discs im Kommunalen Kino selbst wäre dann möglich, wenn für den jeweiligen Titel beim Rechteinhaber die Genehmigung zur nichtgewerblichen öffentlichen Vorführung eingeholt und bezahlt würde. Es gibt inzwischen die ersten Firmen, die keine Kopien mehr, sondern nur noch Vorführlizenzen anbieten.


Forum des images – das Kino der Zukunft?

13. Dezember 2008

Letzte Woche wurde in Paris die Rue de Cinema, die Filmstraße eingeweiht. Neben einem kommerziellen Multiplex eröffnete das Forum des images, ergänzt durch die Filmbibliothek „Francois Truffaut“.

Hier hat die Zukunft des Kinos als Kultureinrichtung bereits begonnen, hier kann man sie schon erleben, in einem Ambiente wie in der Raumstation von Kubricks „2001“. Verner Panton hat beim Entwurf des Büros cabinet X-Tu offenbar Pate gestanden – ein erster Eindruck von dieser zwanzig Jahre alten Institution, die sie sich neu erfunden hat.

Forum des images (Konzept – pdf), das ist wortwörtlich ein Forum, ein intellektueller Marktplatz für alle Filmenthusiasten mit einem differenzierten Angebot vom individuellen Sehplatz mit Online-Zugriff auf 6.000 digitalisierte Filme bis zum digitalen Festivalkino mit 500 Plätzen, gemacht für ein Publikum, das vom eineinhalbjährigen Kind bis zum Filmwissenschaftler reicht, vom jeune public bis zur Académie. Die offene Bildungsgesellschaft der Zukunft, im Forums des images kann man sie schon ausprobieren! (weitere Infos – ähnliche Einrichtungen bietet das National Film Board of Canada mit seiner CineRobotheque in Montréal und der Mediatheque in Toronto).


DVD-Bibliothekar auf Malta

25. Juni 2008

Im „Malta Independent“ von gestern berichtet Melanie Drury in ihrer Serie „A Day in the Life of…“ vom Dasein eines DVD-Bibliothekars auf der Insel. „A Day in the Life of a DVD Librarian“ spielt sich zwar in einer privaten Videothek ab, unterscheidet sich aber nicht sehr von dem in einer öffentlichen Bibliothek, wenn staatliche Einrichtungen überhaupt ein solch qualifiziertes Angebot für ihr Publikum unterhalten. Das Niveau liegt meistens weit darunter.

Eigentlich war Aldrin Cassar ein Sammler von DVDs. Als es jedoch nach seiner Heirat in der Wohnung zu eng wurde, entschloss er sich, seine Sammlung öffentlich zugänglich zu machen und weiter auszubauen. Heute ist die Videothek „Movie World“ eine zentrale Filmressource auf Malta, auch für die Bildungseinrichtungen der Insel:

„Most DVD rental shops abroad are not libraries. They simply have a stock of films and blockbusters of the last year, with perhaps a hundred each in stock of the latest titles. As time passes they sell them off and replace them with more recent ones. Very few of them hold classics. It is indeed a rarity to see a DVD rental shop abroad like those we find commonly in Malta. The tendency in Malta is for libraries. I specialise in foreign films but several others have different specialisations, such as old films, action movies and so on.“ (Aldrin Cassar)

Solche privaten „DVD-Bibliotheken“ gibt es auch in Deutschland, z. B. die Filmgalerie 451 und das Videodrom in Berlin, die Traumathek in Köln, oder in Frankreich die Pariser Vidéosphère.


Paul Otlet

12. März 2008

Paul Otlet (dt. / engl. Biographie) hat bereits in der analogen Welt der dreißiger Jahren das Internet mit seiner Hypertext-Struktur vorausgedacht. Er war ein Vorläufer solcher Pioniere wie Vannevar Bush und Ted Nelson. Über diesen Utopisten und Begründer der Dokumentation gibt einen interessanten belgischen Dokumentarfilm von Françoise Levie, die auch ein Buch unter demselben Titel veröffentlicht hat: L’HOMME QUI VOULAIT CLASSER LE MONDE (The Man Who Wanted to Classify the World). Kevin Kelly stellt den Film in seinem Blog „True Films“ vor:

„… his most amazing invention (in retrospect) was his invention of hypertext, multi-media, and the web. He didn’t use these words of course. He called it the International Network for Universal Documentation. In his 1934 „Treatise of Documentation“ or „The book on the book“ he lays it out:

‚Before our very eyes an immense machinery for intellectual work is being constructed. This machinery will serve as a veritable mechanical and collective brain. A universal publication system condensing all of the fragmentary and individual data and kept constantly up to date must be assembled for each branch of the sciences and other activities. This network must link production centers distributors and users. Any person with data to be made known or propositions to present or defend will be able to do so. Or with a minimum of effort and a guarantee of quality safety will be able to obtain any information.‘ “ (True Films mit einem Filmauschnitt zur Funktionsweise des „International Network for Universal Documentation“)

Die DVD mit der englischen Fassung des Films kann bei Memento Productions in Belgien direkt bestellt werden. Geliefert wird eine gepresste DVD-Video, nicht eine gebrannte DVD-R!


People’s Palace

28. Januar 2008

“There is no criteria for admission here except one, curiosity. That’s it,” sagt Bibliotheksdirektor Paul LeClerc in dem Film „The People’s Palace“. Der vor einem Jahr von PBS ausgestrahlte Film über die New York Public Library ist nun auch auf DVD lieferbar. Er zeichnet ein umfassendes, einstündiges Porträt dieses komplexen, vielseitigen Bibliothekssystems, das für alle Schichten der Bevölkerung und alle Anspruchsniveaus gleichermaßen arbeitet. Stolz berichtet die Bibliothek über den Film:

„From the quiet grandeur of the Rose Main Reading Room to the boisterous hum of a children’s reading hour at the Chatham Square Branch Library in Lower Manhattan, The New York Public Library comes alive in all of its complexity in a new one-hour documentary film premiering on public television in February. The People’s Palace, a production of Kunhardt Productions and Thirteen/WNET New York, paints a sweeping portrait of the Library, focusing on its history, its collections and research centers, and the individuals—past and present—charged with upholding its mission of collecting, preserving, and making accessible to a wide public the materials of human culture. The picture that emerges is one of a vibrant, dynamic institution with a rich history that constantly looks toward the future and embraces new technologies that keep it at the forefront of information resources.“ (NYPL)

Noch einmal Paul LeClerc zum Film:

„I’m really pleased that the Library’s story has been told so powerfully in this wonderful new film,… The People’s Palace will remind all who see it that libraries are central to a democratic society and that The New York Public Library is emblematic of that noble function.“ (NYPL)

… also nichts für deutsche Bibliotheksideologen, deren Welt schon immer in sogenannte Öffentliche Bibliotheken für das Volk und wissenschaftliche Bibliotheken für die gebildeten Stände zerfallen ist. Apropos: Eine Bibliothekskarte der NYPL kostet $ 0,00.


In the Tall Grass

21. Juni 2007

„In the Tall Grass“ beschreibt das Gacaca-System in Ruanda, ein Netzwerk informeller Gerichte vor Ort, mit dem nach einem der größten Völkermorde seit dem 2. Weltkrieg der Frieden im Land zwischen Tutsis und Hutus wiederhergestellt werden soll. Im Mittelpunkt steht die Witwe Joanita Mukarusanga, die ihrem Nachbarn Anastase Butera gegenübertritt, in ihren Augen der Mörder ihrer Familie, in ihrem Dorf, dass die Morde gebilligt hat.

„With unprecedented access, In the Tall Grass explores universal themes of justice in post-conflict societies and the challenges countries like Rwanda face in attempting the transition from a violent past to peaceful future. Through the experiences of Joanita and Anastase, the film illustrate how the genocide and the ideology the propelled it continue to play a dangerous and destabilizing role in the country that if left unaddressed, threaten to one day plunge Rwanda back into chaos.“ (John Coll Metcalfe, Regisseur des Films)

„In the Tall Grass“ hat zahlreiche Preise erhalten und wurde vom Video Round Table der American Library Association in die Liste „2007 Notable Videos for Adults“ der 15 besten Dokumentarfilme auf Video aufgenommen. Der Film ist bei dem Qualitätslabel Choices erschienen und bei amazon.com lieferbar.


artfilm.ch in Berliner Bibliothek

11. Juni 2007

Unter dem Motto „Die Schweiz lesen, sehen und hören“ stellen Schweizer Verlage und Filmvertriebe in Berliner Bezirksbibliotheken aus. Das Informationsportal für den Schweizer Film artfilm.ch hat sich dafür die Philipp-Schaeffer-Bibliothek im Berliner Bezirk Mitte ausgesucht:

„In den Ferienmonaten steht bei den Berliner Bibliotheken die Schweiz im Fokus des Interesses. Die Internetfilmbuchhandlung und Plattform für den Schweizer Filme artfilm.ch stellt Schweizer Autorenfilme auf DVD vor. Die Präsentation umfasst rund hundert Filme aus dem Programm, die einen Einblick in das Eidgenössische Filmschaffen vermitteln und seinen Facettenreichtum in Vergangenheit und Gegenwart zeigen. Das Spektrum reicht vom Spielfilm über den Dokumentarfilm bis zum Experimentalfilm. 2. Juli bis 31. August 2007 Berlin, Philipp-Schaeffer-Bibliothek, Brunnenstrasse 181. “ (artfilm.ch)

Die Philipp-Schaeffer-Bibliothek ist in Berlin bekannt für ihre profilierte Sammlung von Filmen auf DVD.


Prelinger Library

29. Mai 2007

Eine Home-Story aus einer Bibliothek? Da kann es sich nur um eine Privatbibliothek handeln. In Harper’s Magazine ist ein langer und schöner Artikel über die Prelinger Library erschienen. In „A. Worldin Three Aisles“ beschreibt Gideon Lewis Kraus das Leben von Rick und Megan Prelinger rund um ihre Bibliothek.

Rick Prelinger (Foto) ist in der Filmarchivszene kein Unbekannter. 1982, als das 16mm-Schmalfilmformat mehr und mehr der Videokassette weichen musste, fuhr er mit LKWs durchs Land, um ein ganzes Filmgenre vor der Vernichtung zu retten: Industrie- und Sponsorenfilme. Die Prelinger Archives waren mit 48.000 Filmen das größte Archiv dieser Art. 2002 verkaufte er den Bestand an die Library of Congress, behielt aber die Videobänder von 4.000 Filmen, von denen er wiederum 2.000 digitalisierte und ins Web stellte. Heute arbeitet Rick Prelinger als Board President des Internet Archive, das auch die WayBack Machine betreibt, und als Berater bei der Digitalisierung von Bibliotheksbeständen, wenn er nicht gerade Urheberrrechtsprozesse zusammen mit Brewster Kahle und Lawrence Lessig führt. Ihre Bibliothek mit 50.000 Bänden betreiben die Prelingers nebenbei.

Auch bibliothekspolitisch hat ein erfahrener Mann wie Rick Prelinger einiges zu bieten:

„Public libraries, which Rick reverently calls „one of the last remaining deeply democratic institutions in western society“, are increasingliy centered around computer terminals and stupidly grandiose atria that make them feel less like book repositories and more like shopping malls or free Internet cafés.“

… “ The executive director of the digital-library initiative at RiceUniversity is quoted as saying that „the library is not so much a space where books are held as where ideas are shared.“ This is odd. Most people might suppose, to the contrary, that a library is exactly a space where books are held. There are many, many places on a college campus where ideas are shared: lecture halls, seminar rooms, computer clusters, dorm lounges. The library happens to be the one where ideas are shared precisely because books are held.“ (Gideon Lewis Kraus)

Mehr zur Prelinger Library im Prelinger Library Blog .


IFLA Audiovisual

25. Mai 2007

Bruce Royan teilt soeben mit, dass alle 8 Vorträge auf der Veranstaltung der IFLA Audiovisual and Multimedia Section für den Kongress in Durban jetzt online als PDF zur Verfügung stehen. Das Thema Stories without writing: local and family history beyond the written wordsoll eine Brücke zwischen den „pre-literate cultures“ und dem „post-literate“ stage“ schlagen, in dem Multimediatechnologien das Schreiben zunehmend entbehrlich erscheinen lassen:

(über [SCAVM-L]; die beiden fehlenden Papers dürften demnächst folgen – sind soeben eingestellt worden)