Mogari no Mori – Naomi Kawase

25. Mai 2009

Der Gewinner des Grand Prix von Cannes aus dem Jahr 2007 ist in Japan auf DVD mit englischen Untertiteln erschienen. Der für seine Kameraarbeit besonders gewürdigte Film „Mogari no Mori – The Mourning Forest“ zeigt die innige Beziehung zwischen dem  Bewohner eines Altenheims und einer jungen Pflegerin:

„Der Bewohner eines Altenheims, der den Tod seiner lange verstorbenen Frau nie verwunden hat, und eine junge Pflegerin, die unter dem Verlust ihres Kindes leidet, verirren sich bei einem Ausflug im Wald, finden behutsam zueinander und lernen dabei, ihre inneren Blockaden zu überwinden. Ein meditativ-kunstsinniger Film, der sich in erster Linie für die Trauer und deren Überwindung interessiert. Der Blick ins Seeleninnere wird dabei mit teilweise betörend schönen, symbolträchtigen Landschaftsbildern nach außen gewendet, was dem Zuschauer einiges an Geduld und Empathie abverlangt.“ (Lexikon des internationalen Films)

Die Bildästhetik des Films basiert auch auf der dokumentarischen Arbeit der japanischen Regisseurin. 8 Dokumentarfilme von Naomi Kawase sind ebenfalls im letzten Jahr in Japan auf DVD erschienen, darunter auch „Tanz der Erinnerung“ (Tsuioku no Dance) über den kranken Fotografen Nishii Kazuo und „Kya Kaa Ra Ba A“ über ihren nie gekannten Vater.


Hundepalme in Cannes vergeben

24. Mai 2009

„Up“ gewinnt die Palme in Cannes, genauer gesagt die Hundepalme. Jedes Jahr vergeben britische Kritiker den Palm Dog Prize für die beste Hundedarstellung im Wettbewerb. Wie die New York Times berichtete, gewann der Familienfilm „Up“ gegen den Horrorfilm „Antichrist“ von Lars von Trier. Dug siegte mit seinem Hightech-Halsband gegen den sprechenden Fuchs. Auch solche Duelle zwischen Filmen aus zwei völlig fremden Welten kann es geben.

Genauso fremd aber können sich auch zwei Filme aus demselben Genre gegenüberstehen, zwischen denen mehr als fünfzig Jahre liegen. Mit dem Lauf der Zeit geht es mit der Filmkunst nicht unbedingt immer weiter aufwärts. UP! – aber wohin? Was ist schon der computeranimierte und deshalb so glatte 3D-Film „Up“ (2009) – ganz in Primärfarben gehalten – gegen einen solch feinsinnig gestalteten, ästhetisch differenzierten Schwarzweiss-Film wie „Die Erfindung des Verderbens“ (1958) (DVD) von Karel Zeman (Filmfotos), der den Fortschrittsoptimismus des 19. (und 20.) Jahrhunderts mit leiser Ironie überzieht.

Der Plot beider Filme unterscheidet sich auf den zweiten Blick kaum. Es geht um die phantastische Reise einer kleinen Gruppe in ein ferne, fremde Welt, auf eine Insel oder ein Plateau, doch die künstlerische Gestaltung könnte gegensätzlicher kaum sein. Dazwischen liegen tatsächlich Welten.

Zu „Up!“ bleibt danach nur noch der Kommentar des Besuchers einer Pornomesse über ein dort präsentiertes Busenmodel:  „Zu ballonig!“

Apropos: Die Ästhetik des Kupferstichs mit ihren feinen Linien, die Karel Zemans Film bestimmt, ist für das Medium DVD mit seiner zu geringen Auflösung leider nicht geeignet.


Comme un Juif en France – Being Jewish in France

13. Mai 2009

In New York läuft heute die große, dreistündige Dokumentation von Yves Jeuland über jüdisches Leben in Frankreich an. „Comme un juif en France“ (France 3) beschreibt das Leben einer Minderheit in einem Land, das ihr als erste europäische Nation die vollen Bürgerrechte zugestand und sie dann doch an die deutschen Besatzer in den sicheren Tod übergab:

„Yves Jeuland’s masterful, sweeping new documentary explores the rich and complex history of Jews in France, the first country to grant Jews citizenship. Beginning with Revolutionary cries of Vive la France in Yiddish, the film explores the explosive Dreyfus Affair, the Vichy government’s collaboration with the Nazis, and the absorption of Sephardic Jews from Arab countries in the decades after WWII. Being Jewish in France confidently continues into the 21st century, investigating charges of rising antisemitism and the county’s complex attitudes toward Israel.
A fascinating and provocative exploration of French-Jewish history, Being Jewish in France is given vivid human dimension by interviews with more than a dozen leading French politicians, intellectuals and artists including Robert Badinter, Théo Klein, Jean-Claude Grumberg, Marceline Loridan-Ivens, and Jean Benguigui. Presenting a treasure trove of lush archival material, memorable music, and clips from classic French films, Being Jewish in France is poised to become the definitive film on the topic.“ (Presseerklärung National Film Center for Jewish Film, Brandeis University)

Die DVD ist schon 2007 in Frankreich erschienen, leider ohne englische Untertitel. Die untertitelte Fassung gibt es jetzt neu beim National Film Center for Jewish Film in den USA, leider nur zum Preis für den Educational Market.

Der Regisseur Yves Jeuland hat sich einen Namen mit Dokumentationen über gesellschaftliche Konflikte gemacht:

„In 2001 he won the 7 d’Or award for the best documentary series for PARIS AT ANY COST (PARIS À TOUT PRIX) about the 2-year electoral campaign for the capital’s City Council. Jeuland was awarded the Silver FIPA for his documentary about the history of Communism in France CAMARADES (2003). His other films include BLEU BLANC ROSE (2002), a documentary exploring gay and lesbian life in Paris over the last thirty years, and THE CENTURY OF SOCIALISTS (LE SIECLE DES SOCIALISTES) (2005). (National Film Center for Jewish Film, Brandeis University)


Sita sings the blues: ein Open-Source-Film in 35mm

12. Mai 2009

 

Nina Paley hat ihren Animationsfilm „Sita sings the blues“ ,  dessen besondere Qualität wir hier schon gewürdigt haben, in allen Fassungen frei ins Netz gestellt. Sie vertraut dabei auf die Open-Source-Kultur:

„Dear Audience,

I hereby give Sita Sings the Blues to you. Like all culture, it belongs to you already, but I am making it explicit with a Creative Commons Attribution-Share Alike License. Please distribute, copy, share, archive, and show Sita Sings the Blues. From the shared culture it came, and back into the shared culture it goes.

You don’t need my permission to copy, share, publish, archive, show, sell, broadcast, or remix Sita Sings the Blues. Conventional wisdom urges me to demand payment for every use of the film, but then how would people without money get to see it? How widely would the film be disseminated if it were limited by permission and fees? Control offers a false sense of security. The only real security I have is trusting you, trusting culture, and trusting freedom…

The old business model of coercion and extortion is failing. New models are emerging, and I’m happy to be part of that. But we’re still making this up as we go along. You are free to make money with the free content of Sita Sings the Blues, and you are free to share money with me. People have been making money in Free Software for years; it’s time for Free Culture to follow. I look forward to your innovations. (Nina Paley)

Ninja Paley hat auch ein Wiki eingerichtet, um die Verbreitung des Films  zusammen mit allen Interessierten zu verbessern und Ideen und Beiträge dafür zu sammeln, z. B. Untertitelfassungen in verschiedenen Sprachen.

Die Filmhistorikerin Kristin Thompson hat in ihrem Blog „Observations on film art and Film Art“ den Film, die besondere Ästhetik der verschiedenen technischen Trägermedien und seine ungewöhnliche Vertriebsform vorgestellt. Darin stellt Nina Paley dar, wie die besondere Wirksamkeit der Open Source-Kultur die verschiedenen Verbreitungsformen verstärkt:

„When I decided to give it away free online, what finally made me realize this was viable was when I realized that this didn’t mean it wouldn’t be seen on the big screen, that the internet is not a replacement for a theater. It’s a complement. Many people will see it online and go, “Wow, I wish I could see this on the big screen!” And so they can, and some people like to see it more than once. Another thing is, you see it online, and that increases the demand for the DVDs. So it’s the opposite of what the record and movie industries say. Actually, the more shared something is, the more demand there is for it. [applause] (Nina Paley im Interview)

Die DVD ist „almost ready“ und kann hier vorgemerkt werden.


Alexander Kluge Direct-to-DVD

11. Mai 2009

  „Woran arbeiten sie gerade?“ , fragte DIE ZEIT einige Prominente zum „Tag der Arbeit“. Alexander Kluge arbeitet an Filmen, die ohne ‚Umwege direkt auf DVD erscheinen, nämlich in der Filmedition Suhrkamp. Autorenfilm ist jetzt also wörtlich zu nehmen. So wie er als Autor für eine Buchpublikation schreibt, filmt er jetzt für die DVD-Ausgabe:

 

“ Zur gleichen Zeit, geplant für eine Publikation in der Suhrkamp Film Edition, arbeite ich an einem Filmzusammenhang mit dem Titel Früchte des Vertrauens. Die Finanzkrise, Adam Smith, Keynes, Marx: Worauf kann man sich verlassen? Für mich gehören solche mehrstündigen Produkte ebenso wie Minutenfilme zu dem, was ich unter Film verstehe: In Fortsetzung der Nachrichten aus der ideologischen Antike. Was ist der Gegenpol zur Finanzkrise? Was kann man für Geld nicht kaufen? Sind die Kollateralschäden der Finanzkrise schlimmer als die Krise selbst? Solche Krisen können gesellschaftliche Monstren schaffen, wie zwischen 1929 und 1945. Es geht aber auch um die glückliche Seite des Geldes. 1948 habe ich mich über die 40 DM, die jeder Erdenbürger in unserem Land als Einstand erhielt, gefreut.

Vermutlich kann man Geld und Freiheit nicht voneinander trennen, denn Geld bezeichnet Verträge, in denen alles, was ich nicht kaufe, zuverlässig ausgeschlossen bleibt. Wie schlimm sind Verträge, in denen ich das, was ich nicht will, trotzdem zugeteilt erhalte? Das alles muss man mit und ohne Schauspieler in Filmszenen und Montagen, mit klugen Leuten wie Nobelpreisträger Stiglitz, Dirk Baecker, Joseph Vogl, aber auch mit gelernten Anatomen wie Josef Hader oder Helge Schneider herausfinden.“ (Alexander Kluge in DIE ZEIT)

Dies wird bereits der zweite Essayfilm sein, den Alexander Kluge direkt für eine DVD-Publikation produziert. Die 3 DVDs „Nachrichten aus der ideologischen Antike. Marx – Eisenstein – Das Kapital“ mit 570 Minuten Laufzeit sind jedenfalls beim Publikum auf großes Interesse gestoßen. In Bibliotheken wachsen die Vorbestellungen in astronomische Höhen (ZLB Berlin 44 Vorbestellungen!). Diese neue Form des Filmens für eine DVD-Publikation fasziniert offenbar:

„Eisenstein schrieb tatsächlich in seinen theoretischen Schriften zum Kino beinahe verzweifelt eine Zukunft herbei, die seinen Filmidealen endlich die geeigneten Mittel zur Verfügung stellen würde: quadratische Leinwände zum Beispiel. Kluge ist einer der wenigen Regisseure, die das Glück haben, in der Lage zu sein, dass das vorhandene Material dem eigenen Schaffen entspricht – er ist der Meister des Bildschirms, der fernsehgerechten Form. Das macht die DVD zum genau richtigen Medium für sein Werk. Von der gewiss schwer durchstehbaren Vorführung eines neunstündigen Films dieser Art im Kino einmal ganz zu schweigen…

Zuletzt die Frage: Waren neun Stunden wirklich nötig? Die Antwort lautet: Ja. Und mehr wären schön gewesen, denn je länger man sich auf das Marx-Potpourri einlässt, desto intensiver zeigt sich, wie sehr „Das Kapital“ die Moderne geprägt hat – und vor allem Menschen. Alles, was das Menschsein berührt, ist der Analyse wert.“ (Andreas Platthaus in der FAZ)


Sherlock Holmes (1922)

11. Mai 2009

Arthur Conan Doyles Sherlock-Holmes-Geschichten sind seit Anbeginn des Kinos immer wieder verfilmt worden. Zum ersten Mal erscheint nun auf DVD die bekannteste Fassung der Stummfilmära, „Sherlock Holmes“ mit John Barrymore aus dem Jahr 1922. Der Film galt als verloren und gewann deshalb einen gewissen Mythos. Doch mancher war enttäuscht, als die restaurierte Fassung fertig vorlag:

„Despite negative contemporary reviews (including an excellent summation of everything that’s wrong with the movie in The New York Times), this vanished version of Holmes with its fantastic cast line-up (including the movie debuts of Powell and Young) has long intrigued both film and Sherlock buffs worldwide. So imagine the joy when about 600 rolls of work print offcuts (amounting in all to about 4,000 feet) were found! These were handed to Kevin Brownlow who, with the aid of Albert Parker himself, painstakingly re-assembled the movie over a period of six months. George Eastman House then came to the rescue when the inter-titles were found in their vaults.“ (John Howard Reid, IMDb)

Die DVD erscheint bei Kino in New York:

„Headlining Kino’s John Barrymore Collection is the release (for the first time on either VHS or DVD) of Sherlock Holmes (1922), a feature-length adaptation of Arthur Conan Doyle’s famous adventures. Sherlock Holmes was believed to be lost, surviving only in the form of a few stills, until a battered and incomplete print surfaced in the mid 1970s. However, it wasn’t until recently that a viewable version was meticulously restored at the George Eastman House Motion Picture Department in Rochester, N.Y.

This Kino DVD was mastered from the Eastman House restoration and arrives with a new score by silent-film composer Ben Model performed on the Miditzer Virtual Theatre Organ.“ (Kino Press Release)


Edition Filmmuseum im neuen Fipresci-Magazin „Undercurrent“

10. Mai 2009

Klaus Eder hat in der neuen Ausgabe des Fipresci-Magazins „Undercurrent“ einen kurzen Artikel über die Edition Filmmuseum geschrieben. In „Film History’s Gold Mine „ würdigt er die Bedeutung von DVD-Editionen aus Filmarchiven:

„Film archives which till now were, sadly, known for their reserve regarding the material on their shelves and whose pride was in getting and having something, not showing it around (an attitude sometimes encouraged by unclear copyright issues) — film archives are now starting, with this edition, to make their material available (and not only prints). It’s an astonishing, gratifying and welcome change in archive mentality, helped by digital technology — a technology which removes the difference between „original“ and „copy“ and which no longer knows the notion of an unique specimen…

Edition Filmmuseum combines the treasures of the film archives with the knowledge of archivists, curiosity and passion for film history, and a wonderful independence from all fashionable trends.  (Undercurrent 5.2009)


Dossier: Filmvermittlung auf DVD

6. Mai 2009

Zur Veranstaltung „Kunst der Vermittlung: Filmvermittlung und DVD“ , die im November 2008 im Berliner Arsenal stattfand, ist inzwischen auch ein umfangreiches und sehr lesenswertes Dossier von Entuziazm ins Web gestellt worden. „Filmvermittlung auf DVD“ konzentriert sich dabei vor allem auf die Extras von DVDs. Jan Distelmeyer lenkt in seinem Beitrag „Was die Disc vom Film weiß“ die Aufmerksamkeit aber auch auf das Medium DVD selbst und seine filmvermittelnden Eigenschaften:

„Dies erste »Dossier« zum Thema DVD und Filmvermittelnder Film enthält Texte, Gespräche, Hintergrundinformationen und Filmbeschreibungen zu einer Auswahl von Supplementen, Featurettes, Extras, Boni.

Die vier publizierten Gespräche kreisen um DVD-Editionen aus Frankreich. In Gesprächen mit den Verlegern von »Carlotta Films«, einer Firma, bei der kaum eine DVD ohne Bonus veröffentlicht wird, und einem ihrer Haus-Regisseure (Nicolas Ripoche), wird ein Eindruck der dortigen Produktionshintergründe und -herangehensweisen vermittelt. Hinzu kommen Auszüge aus Gesprächen mit Jean Douchet, der seit 50 Jahren in verschiedenen Medien als Filmvermittler und Essayist arbeitet, und Luc Lagier, der, ursprünglich vom Fernsehen kommend, in den letzten Jahren zunehmend Filmvermittelnde und -kommentierende Arbeiten für DVD-Editionen herstellt.

In einzelnen kurzen, mittellangen und langen Filmbeschreibungen besprechen wir eine nicht-repräsentative Auswahl Filmvermittelnder DVD-Boni aus Frankreich, Deutschland, Skandinavien, den USA und England.

Im Apparat sind zwei weitere Hintergrundtexte von Gastautoren veröffentlicht. Michel Freerix schreibt über Christiane Habich, die seit 1999 DVD Research Manager bei »Kinowelt Home Entertainment« ist, dem größten und ambitioniertesten deutschen DVD-Verlag. Jan Distelmeyers Text handelt entlang der Fragestellung »Was die Disc vom Film weiß«, wie das scheinbar neutrale Medium DVD den Zugang und die Erfahrung des Filmesehens verändert.“ (Entuziazm)


Tag Gallagher bei Entuziazm

6. Mai 2009

Am Freitag dieser Woche ist der Filmhistoriker Tag Gallagher im Berliner Arsenal zu Gast. In der Reihe „Kunst der Vermittlung. Aus den Archiven des Filmvermittelnden Films“ stellt er 3 seiner analytischen Video-Essays vor, die auf DVDs in verschiedenen Ländern erschienen sind:

„Der Amerikaner Tag Gallager, Autor von großen Studien zu John Ford und Roberto Rossellini, produziert seit einigen Jahren Video-Essays als Begleitmaterial von DVDs, in denen eine unverkennbare Autorenposition formuliert ist. Unterschiedliches Material wird mit verschiedenartigen Eingriffen in die Bilder des Films selbst montiert und zu einer neuartigen, persönlichen filmvermittelnden Form verbunden.
Drei dieser solitären Essays – zu Filmen von John Ford, Roberto Rossellini und Max Ophüls – werden im Programm gezeigt und in einem anschließenden Gespräch mit Tag Gallagher diskutiert:

Video-Essays von Tag Gallgher (mit Links zu lieferbaren DVDs):

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