Cinema 16. Zum Tod von Amos Vogel

4. Mai 2012

Mit Amos Vogel ist einer der bedeutendsten Kinomacher gestorben. Auf das besondere Format dieses Mannes hatten wir hier schon hingewiesen.

„The leading figure of modern American film culture, a rebellious champion of independent and international cinema and the co-founder of the New York Film Festival, Amos Vogel died yesterday in New York, the city where – in 1947 – he created the landmark film society Cinema 16.“ (Film Society of Lincoln Center / Quelle: Cargo)

Wer seine praktische Arbeit mit dem Cinema 16 näher kennnenlernen möchte, dem sei das Buch von Scott MacDonald „Cinema 16 – Documents Toward a History of  the Film Society“ mit einer Fülle von Dokumenten, vor allem Filmprogrammen, empfohlen. Die Einführung zeigt, wie lohnend die Lektüre sein wird.

Scott MacDonald hat Amos Vogel zu Leben und Arbeit mit dem Cinema 16 auch  interviewt. Über seine Flucht aus Wien hat Amos Vogel im Band 13 der Videoreihe „Aufbruch ins Ungewisse : Österreichische Filmschaffende in der Emigration vor 1945“ (VHS 60 Min., Viennale 1993) Auskunft gegeben. Seine Erfahrungen als Jugendlicher in Wien waren eine Grundlage seiner späteren Kinoarbeit.


Vidiots-Annex: ein Kino in der Videothek

7. Juli 2010

Das Vidiots in Santa Monica gehört zu den renommiertesten Videotheken von Los Angeles – seit 25 Jahren spezialisiert auf  das Besondere. Mit inzwischen 40.000 Titeln wurde vieles gesammelt, was es woanders nicht (mehr) gibt.  Jetzt hat man sich entschlossen, seinem cineastischen Publikum mehr zu bieten, als es die Konkurrenten wie Mailordershops oder Online-Filmvertriebe können. Die Videothek wurde um einen 200 qm großen Kinoraum als Treffpunkt für Diskussionen und Vorführungen erweitert:

„Vidiots breaks new ground with “Vidiots Annex Film Studies”, an innovative center to learn about the films that intrigue, excite and inspire you. Want to know more about French Films after the New Wave? Or how about taking courses on this generation’s auteurs, or eroticism and film? Located within the store, the Annex will feature expert teachers, filmmakers, film clubs and high school outreach… it’s like going back to film school, but without the homework!“ (Vidiots)

Das Home Media Magazine hat mit den beiden Besitzerinnen Cathy Tauber und Patty Polinger gesprochen:

„We want it to be fun and educational,” Tauber said of the new 500-square-foot classroom in the center of her store. “It is a community place where people can talk about movies…

And so the Vidiots Annex is debuting this summer and already boasts instructors from various sectors of the film industry, including actors, directors, writers and critics. One of the most popular classes so far is author and film historian Tom Kemper’s auteurs’ series in July.
The room also hosts Saturday night film clubs with free screenings during the summer. In the fall Tauber said the room will be rented out for private screenings and other uses.
As much as it was created to expand knowledge of film, the classroom does not aim to be a film school.
“These classes are more for enjoyment, something for film lovers to do,” Tauber said.
Anyone interested can register at http://www.vidiotsannex.com, with classes running through summer.” (HMM)


Futurezone : Kino und Internet

20. Februar 2010

Auf der Online-Seite futurezone des ORF setzt sich Ekkehard Knörer mit der allseitigen Verfügbarkeit des  Films durch Digitalisierung und Internet auseinander. Konfiguration Kino entfaltet das Thema in (bisher) 4 Aufsätzen: Das Internet als Kino der Zukunft, Netzkino: Von den Piraten lernen, Filter für die Bilderflut und Das Kinoerlebnis als Kopierschutz:

“ Die Cinephilie gehört irreduzibel zu dieser Konfiguration, sie verbindet als einziger Diskurs die sonst oft getrennten Sphären von Bildindustrie, Normalrezeption, Feuilleton und Akademie. Deshalb ist es von weit mehr als nur nebensächlicher Bedeutung, dass die Institutionen der Cinephilie – nämlich: die kuratorisch betriebenen Kinos, die einschlägigen Zeitschriften und Verlagsreihen, auch die Festivals – mit den Umbrüchen konfrontiert sind, die die Digitalisierung und das Internet brachten und bringen. Die längerfristigen Folgen sind noch kaum absehbar, aber wichtige Konfrontationslinien und neue Praktiken und erste Versuche der Reflexion zeichnen sich ab.In der Folge soll es genau darum gehen: Wie die Digitalisierung nicht nur gegenwärtige Diskurse und Praktiken des „Kinos“, sondern auch dessen Geschichte (genauer: den Blick darauf) verändert. An vielen Beispielen werde ich mich in den nächsten Wochen mit dem Wandel von Rezeptionsgewohnheiten, filmischem Material, erzählerischen Verfahren und mit der Bedeutung von Verfügbarkeit, Kopierbarkeit und der gewaltigen Ausdifferenzierung von Bewegtbildformen befassen.“ (Ekkehard Knörer in „Konfiguration Kino:  Das Internet als Kino der Zukunft“)

Bevor wir uns genauer mit diesen spannenden Thesen beschäftigen können, hier einige Anmerkungen:

  1. Wer hat am meisten für die Filmkultur in einem Land getan? Reed Hastings, der Gründer von Netflix. 100.000 Filmtitel sind auch im kleinsten Ort der USA zugänglich, recherchierbar über eine erstklassige Datenbank.
  2. Der Aufstieg der DVD als Universalmedium für die weltweite Verbreitung von Filmen ab 1998 ist eng mit der gleichzeitigen Entwicklung des World Wide Web ab 1994 verknüpft: Das Web als Vertriebs- und Verständigungsmedium. Erst dadurch konnte eine neue Form der Filmkultur entstehen – siehe Manhola Dargis: The Way We Live Now: The 21st-Century Cinephile.
  3. Onlinefilm erweitert den Radius noch einmal. Das muss nicht illegal und von schäbiger Qualität sein. Jüngstes Beispiel für ein sich immer breiter entwickelndes Angebot ist die African Film Library aus Afrika. Der südafrikanische Satelliten-TV-Konzern M-Net, ein afrikanischer Mediengigant, hat mit großen Summen die Lizenzen von über 600 afrikanischen Filmen zusammengekauft (sie wurden bisher weitgehend von Europäern gehalten!), um das afrikanische Filmerbe zu bewahren und es weltweit zugänglich zu machen. Eine Beta-Site soll diese Filme bald in HD-Qualität gegen Gebühr zugänglich machen.
  4. Filme sehen: Wichtig ist der Unterschied zwischen einem selbstleuchtenden und einem reflektierenden Display. Filme auf großer Leinwand zu sehen, ist nicht an ein Kino gebunden. Man kann es auch privat tun, gemeinsam mit Freunden, wie in einem Salon. Das geht auch öffentlich – siehe 5.
  5. Das (cinephile) Kino als kultureller Ort wird aufblühen, wenn es sich die neuen Möglichkeiten zunutze macht – siehe auch hier. Dazu ein Zitat von Dieter Kosslick:

    „Zum Beispiel haben wir hier am Potsdamer Platz den unglaublichen Luxus, neben den vielen Kinos zwei ausgewiesene Filmkunst-Institutionen zu besitzen: das Film- und Fernsehmuseum und das Arsenal. Mit beiden arbeitet die „Berlinale“ eng zusammen, wir veranstalten jährlich eine gemeinsame Retrospektive mit dem Filmmuseum, und das „Forum des jungen Films“ spielt im Arsenal. Was spricht eigentlich dagegen, unsere Häuser konzeptionell vielleicht noch enger zu vernetzen, eine Art audiovisuelles Humboldt-Forum zu errichten, mit Café, Bibliothek, Kinos und integriertem Gesamtkonzept? Mit einer freien, unabhängigen, „wilden“ Programmierung aus Historie und Gegenwart, die dazu führen könnte, dass sich die Leute, ohne erst das Programmheft studieren zu müssen, vollkommen auf uns verlassen können… Da schließt sich der Bogen zu dem, was ich am Beginn unseres Gesprächs gesagt habe: Wir treffen eine besondere Auswahl für ein offenes, interessiertes, das Kino liebendes Publikum. Ich weiß, dass auch andernorts über so etwas nachgedacht wird, in Sydney, Toronto oder Pusan. Warum also nicht in Berlin? Wenn man zehn Tage lang einen Boulevard der Stars macht, im Februar vor dem „Berlinale“-Palast, warum dann nicht auch das ganze Jahr über einen Boulevard der Filmlust?“ (Boulevard der Filmlust: Dieter Kosslick über Aufgaben, Sorgen und Visionen eines „Berlinale“-Direktors. In: Film-Dienst 3, 2010)


Kommunale Kinos und Digitalisierung

16. Januar 2010

In der Zeitschrift Recherche Film und Fernsehen ist in der Ausgabe 5/ 2009 zum Thema „Filmarchive und Digitalisierung“ ein sehr lesenswerter Artikel von Stefan Drößler erschienen, der auch die renommierte DVD-Reihe Edition Filmmuseum betreut. Unter dem Titel „Kommunale Kinos und Digitalisierung – Gedanken über die Zukunft kultureller Filmabeit“ gibt er einen kurzen Überblick über die Geschichte der Kommunalen Kinos in Deutschland seit 1963 und geht dann detailliert auf die Filmressourcen und die technischen Voraussetzungen für eine kulturelle Filmarbeit ein. Im Zeitalter der Digitalisierung erweist sich für ihn die Nutzung von DVD und Blu ray mit der ganzen Fülle des weltweiten Home Video-Markts für eine solche Arbeit als unabdingbar:

„Viel wichtiger als die verschlüsselte DCI-Technik selbst wird für die Spielstätten vermutlich etwas anderes sein: Der zweite Eingang zum Hochleistungsprojektor, über den mittels eines Scalers die diversen minderwertigen digitalen Formate interpoliert werden. Eine Blu ray oder Digibeta, machmal sogar schon eine gute DVD können auf der Leinwand Ergebnisse liefern, welche die einer 16 mm-Kopie oder einer mäßigen 35mm-Kopie leicht übertreffen. [siehe dazu auch „Scheibe statt Rolle“ von Ja-Keno Janssen. c’t 25/2009]

… Und tatsächlich tun sich heute ungeahnte Chancen auf: Jedes Kino kann sich heute eine eigene Filmsammlung mit digitalen Kopien anlegen [zur Vorführung selbstverständlich mit entsprechender Rechteklärung für nichtkommerzielle Zwecke]… Wir können heute problemlos Vorträge mit Filmausschnitten zusammenstellen und einzelne Sequenzen analysieren… die Möglichkeiten, die heute zur Verfügung stehen, sind so vielfältig, wie es sich die Pioniere der kommunalen Kino-Bewegung nicht haben träumen lassen. „

Wie sehr Stefan Drößler mit seinen Gedanken auf den Punkt trifft, zeigen heute schon vollentwickelte Modelle einer neuen Form von kultureller Filmarbeit wie das jüngst eröffnete Forum des Images in Paris. Die rechtlichen Möglichkeiten im Rahmen gemeinnütziger Einrichtungen sind nämlich viel weiter gesteckt, als mancher glaubt:

„Viel unvoreingenommener als Kommunale Kinos sind in den letzten Jahren andere Einrichtungen mit den Vorteilen der digitalen Techniken umgegangen. Stadtbüchereien haben DVD-Sammlungen angelegt [wie z . B. die ZLB in Berlin] …“ (Stefan Drößler: „Kommunale Kinos und Digitalisierung – Gedanken über die Zukunft kultureller Filmabeit“)

So könnten Kommunale Kinos ohne weiteres selbst DVD-und Blu ray-Sammlungen aufbauen und diese an Privatpersonen ausleihen. Auch Sichtungsmöglichkeiten in voll ausgestatteten Einpersonenkinos sind rechtlich erlaubt, da es sich nicht um eine öffentliche Vorführung handelt.  Eine Vorführung dieser Discs im Kommunalen Kino selbst wäre dann möglich, wenn für den jeweiligen Titel beim Rechteinhaber die Genehmigung zur nichtgewerblichen öffentlichen Vorführung eingeholt und bezahlt würde. Es gibt inzwischen die ersten Firmen, die keine Kopien mehr, sondern nur noch Vorführlizenzen anbieten.


Sita sings the blues: ein Open-Source-Film in 35mm

12. Mai 2009

 

Nina Paley hat ihren Animationsfilm „Sita sings the blues“ ,  dessen besondere Qualität wir hier schon gewürdigt haben, in allen Fassungen frei ins Netz gestellt. Sie vertraut dabei auf die Open-Source-Kultur:

„Dear Audience,

I hereby give Sita Sings the Blues to you. Like all culture, it belongs to you already, but I am making it explicit with a Creative Commons Attribution-Share Alike License. Please distribute, copy, share, archive, and show Sita Sings the Blues. From the shared culture it came, and back into the shared culture it goes.

You don’t need my permission to copy, share, publish, archive, show, sell, broadcast, or remix Sita Sings the Blues. Conventional wisdom urges me to demand payment for every use of the film, but then how would people without money get to see it? How widely would the film be disseminated if it were limited by permission and fees? Control offers a false sense of security. The only real security I have is trusting you, trusting culture, and trusting freedom…

The old business model of coercion and extortion is failing. New models are emerging, and I’m happy to be part of that. But we’re still making this up as we go along. You are free to make money with the free content of Sita Sings the Blues, and you are free to share money with me. People have been making money in Free Software for years; it’s time for Free Culture to follow. I look forward to your innovations. (Nina Paley)

Ninja Paley hat auch ein Wiki eingerichtet, um die Verbreitung des Films  zusammen mit allen Interessierten zu verbessern und Ideen und Beiträge dafür zu sammeln, z. B. Untertitelfassungen in verschiedenen Sprachen.

Die Filmhistorikerin Kristin Thompson hat in ihrem Blog „Observations on film art and Film Art“ den Film, die besondere Ästhetik der verschiedenen technischen Trägermedien und seine ungewöhnliche Vertriebsform vorgestellt. Darin stellt Nina Paley dar, wie die besondere Wirksamkeit der Open Source-Kultur die verschiedenen Verbreitungsformen verstärkt:

„When I decided to give it away free online, what finally made me realize this was viable was when I realized that this didn’t mean it wouldn’t be seen on the big screen, that the internet is not a replacement for a theater. It’s a complement. Many people will see it online and go, “Wow, I wish I could see this on the big screen!” And so they can, and some people like to see it more than once. Another thing is, you see it online, and that increases the demand for the DVDs. So it’s the opposite of what the record and movie industries say. Actually, the more shared something is, the more demand there is for it. [applause] (Nina Paley im Interview)

Die DVD ist „almost ready“ und kann hier vorgemerkt werden.


Forum des images – das Kino der Zukunft?

13. Dezember 2008

Letzte Woche wurde in Paris die Rue de Cinema, die Filmstraße eingeweiht. Neben einem kommerziellen Multiplex eröffnete das Forum des images, ergänzt durch die Filmbibliothek „Francois Truffaut“.

Hier hat die Zukunft des Kinos als Kultureinrichtung bereits begonnen, hier kann man sie schon erleben, in einem Ambiente wie in der Raumstation von Kubricks „2001“. Verner Panton hat beim Entwurf des Büros cabinet X-Tu offenbar Pate gestanden – ein erster Eindruck von dieser zwanzig Jahre alten Institution, die sie sich neu erfunden hat.

Forum des images (Konzept – pdf), das ist wortwörtlich ein Forum, ein intellektueller Marktplatz für alle Filmenthusiasten mit einem differenzierten Angebot vom individuellen Sehplatz mit Online-Zugriff auf 6.000 digitalisierte Filme bis zum digitalen Festivalkino mit 500 Plätzen, gemacht für ein Publikum, das vom eineinhalbjährigen Kind bis zum Filmwissenschaftler reicht, vom jeune public bis zur Académie. Die offene Bildungsgesellschaft der Zukunft, im Forums des images kann man sie schon ausprobieren! (weitere Infos – ähnliche Einrichtungen bietet das National Film Board of Canada mit seiner CineRobotheque in Montréal und der Mediatheque in Toronto).


Beyond the Multiplex

7. Juli 2008

Barbara Klinger hat die noch wenige bekannte Kultur des Heimkinos untersucht. In ihrem Buch „Beyond the Multiplex: Cinema, New Technologies, and the Home“ (University of California Press) nimmt sie sich fünf Aspekte dieser kulturellen Alltagspraxis vor:

  • Die Liebhaber von High End-Technik für das Kino zuhause.
  • Die Sammler von Filmen auf DVD nach der Ära der Videokassette.
  • Das Kabelfernsehen als Medium der nationalen Filmgeschichte am Beispiel von American Movie Classics (AMC).
  • Das Vergnügen, Filme nach eigenen Wünschen mehrfach ansehen zu können.
  • Das Genre des parodistischen Kurzfilms im Web.

Leider werden diese spannenden Themen nicht wirklich erforscht, wie es vielleicht ein Ethnologe mit seinem Instrumentarium machen könnte. Lediglich die Texte der Beteiligten, vowiegend die der Anbieter, werden mit den Methoden der Cultural Studies untersucht. Das gilt vor allem für die ersten drei Kapitel:

„In previous chapters I have concentrated on the home’s discursive construction as an exhibition venue for cinema, registering viewers‘ reactions indirectly through industry sources, newspaper and magazine articles, Web sites, and scholarly accounts.“ (Barbara Klinger, S. 137)

Daraus entsteht ein Bild, das sich nur teilweise mit der Wirklichkeit einer neuen Medienpraxis deckt, da es lediglich die Absichten der Medienindustrie reflektiert. Die ehemaligen Konsumenten sind jedoch mit den Instrumenten, die das Internet bietet, aus ihrer passiven Rolle herausgetreten und beeinflussen mit ihrer eigenständigen Öffentlichkeit in Foren, Blogs und anderen Webangeboten über nationale Grenzen hinweg nachweislich so stark die Publikationspraxis der Medienindustrie, dass man von einer neuen Art von Filmkultur sprechen kann (siehe „The 21st Century Cinephile“). Das gerät in solchen Studien reiner Textexegese jedoch aus dem Blick.

Wissenschaftliche Arbeiten, die mit Begriffen wie „textual“, „narrative“, „rhetoric“, „discursive“ hantieren, sind also mit Vorsicht zu genießen. Ihr Erkenntniswert ist eingeschränkt. Die Literaturliste und der Anmerkungsapparat in Barabara Klingers Buch sind jedoch sehr lohnend.


Amos Vogel und Cinema 16

29. Februar 2008

Amos Vogel ist als Programmgestalter von Kinos ähnlich bedeutend wie Henri Langlois. Gründer des berühmten New Yorker Avantgarde- Filmklubs Cinema 16 im Jahr 1947 gilt er als einer der Urväter einer freien Kinoszene, von Arthaus und Programmkino (siehe sein Buch: „Film as a subversive art“). „Amos was doing his thing at the peak of conformist white-picket-fence Eisenhower America, people wanted something different,“ sagt Paul Cronin, Regisseur des Dokumentarfilms „Film as a Subversive Art: Amos Vogel and Cinema 16“ über den 82jährigen (siehe Forum des jungen Film 2004).

Dieser Film ist jetzt als DVD erschienen, als Beilage zu dem Buch „Independent Cinema“ von D.K. Holm (Hinweis aus Green Cine Daily).


Hätte ich das Kino 2.0

14. Februar 2008

Auf der Berlinale wird viel über die Zukunft des Kinos diskutiert. Jetzt hat dort der Geschäftsführer des Verbands der Filmverleiher (VdF), Johannes Klingsporn die staatliche Subventionierung der Digitalisierung aller festen Filmtheater in Deutschland angekündigt. Dafür wurde ein Memorandum vorgelegt.

„Digitalisierung als einzigartige Chance der Kinowirtschaft“

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Hätte ich das Kino?

8. Februar 2008

Übermorgen soll während der Berlinale über die Zukunft des Kinos diskutiert werden, unter dem Motto „Hätte ich das Kino!“.

So hieß ein Pamphlet von 1920:

„Es war vor bald neunzig Jahren, 1920, als ein 23jähriger Student namens Carlo Mierendorff dem damaligen deutschen Film mit auftrumpfendem Gestus den Fehdehandschuh hinwarf. Sein Manifest, ein Text von hohem filmhistorischem Rang, heißt „HÄTTE ICH DAS KINO!“ (Quelle). Er schreibt: „Jetzt aber ist alles verbravt, geechtet, arm, weil phantasielos“. Er verlangt: „Es muß versucht werden, an die Massen heranzukommen, soll nicht jeder Versuch hoffnungslos sein, das Dasein zu gestalten.“ “ (Deutsche Filmakademie)

Hans-Christoph Blumenberg wird die Diskussion moderieren und hat schon einmal in einem Essay seiner Leidenschaft für das Kino Ausdruck verliehen.

„Für uns, die wir das Kino immer noch lieben, auch wenn es neunzig Jahre später längst seine Dominanz als führendes Massenmedium verloren hat, sollte Mierendorffs bezaubernde Radikalität mehr sein als ein ferner Spiegel. Auch wenn Tom Cruise noch nie etwas von ihm gehört hat.“ (Hans-Christoph Blumenberg: Wir müssen das Kino haben! In: Tagesspiegel vom 03.02.2008)

Doch Kino und Film sind schon lange nicht mehr die siamesischen Zwillinge der Frühzeit. 6 Jahre nach dem Oberhausener Manifest von 1962, also genau vor 40 Jahren, rief einer seiner Unterzeichner unter der vielsagenden Überschrift „Der Film verläßt das Kino“ dazu auf, die Zwänge der Filmwirtschaft und des Kinos abzuschütteln:

„Könnte es einen Film geben, der eine wirkliche Alternative zu einem guten Beefsteak ist? Könnte es einen Film geben, der eine Alternative zu einem Rendezvous mit einer Freundin wäre? Könnte es einen Film geben, den ich 20 Stunden lang ansehen würde, vorausgesetzt, dass ich selbst bestimmen kann, in welchen Portionen ich diesen Film zu mir nehme und zu welchen Zeitpunkten? Könnte es Filme geben, die ausführliche Antworten geben auf Fragen, die mich bewegen, Filme, die ich mir beschaffe wie Bücher, Nahrung oder einen Urlaub?“ (Edgar Reitz: Der Film verläßt das Kino. In: Film, Nr. 5, Mai 1968, S.1 – Redakteur der Zeitschrift: Werner Kließ – wer sonst!)

Dies war nicht nur einer der hellsichtigsten Aufsätze über die Zukunft des Films („Entertainment Daily“-Blitzmail von gestern: „DVD-Umsatz war 2007 doppelt so hoch wie das Kinoeinspiel“), Edgar Reitz hat seine Pläne von vor 40 Jahren auch in die Tat umgesetzt:

Diedrich Diederichsen zum Film außerhalb des Kinos heute in seiner Berlinale-Kolumne „16 mm diederichsen“ in der TAZ:

„Was eine gefilmte Erzählung leisten kann, zeigen mir 30 Stunden „Deadwood“, 80 Stunden „Sopranos“ oder 50 Stunden „The Wire“ und viele andere, meist von HBO produzierte TV-Serien; die aber kein Mensch beiläufig wie ein TV-Programm konsumiert. Stattdessen berauscht man sich in tagelangen Sitzungen mit DVD-Boxen, die an Lektüreekstasen mit großen russischen Romanen aus dem 19. Jahrhundert gemahnen. Hier wird die Kunst des Erzählens gerade neu erfunden. Sie ist noch lange nicht fertig. Hätte ich in dieser Situation das kurze, kompakte Kino, würde ich von ihm symbolistische Gedichte und anarchistische Aphorismen verlangen, Konvulsionen und Aggressionen, Essays und Impromptus. Wenn HBO heute Flaubert und Tolstoi hervorbringt, will ich vom Kino einen voll entwickelten Baudelaire. “ (Diedrich Diederichsen: „Hätte ich einen Hammer“)